Dax unter 10.000 Punkten Die Logik der Fondsmanager treibt die Kurse nach unten

Dax unter 10.000 Punkten: Rasche Erholung ist unwahrscheinlich
Foto: Christoph Schmidt/ dpaAusverkaufsstimmung an der Börse: Am Montag rauschte der Dax durch die 10.000-Punkte-Marke, die er im Juni 2014 das erste Mal durchbrochen hatte. In den vergangenen elf Handelstagen hat der deutsche Leitindex rund 15 Prozent an Wert verloren, seit seinem Rekordhoch im April sind es inzwischen rund 25 Prozent Verlust. Bis über die Marke von 12.300 Punkten war der Dax , getragen vom weltweit billigen Geld und dem schwachen Euro, in diesem Frühjahr gestiegen.
Dieser Schwung aus dem Frühjahr wird nun zum Problem.
Denn noch immer hat der Dax seit Jahresbeginn ein winziges Plus zu verteidigen, während die US-Indizes Dow Jones und S&P 500 inzwischen deutlich im Minus notieren.
Der deutsche Leitindex hat seit 2012 einen dramatischen Aufschwung gezeigt: Im Jahr 2012 stieg er um 29 Prozent, im Jahr 2013 um 23 Prozent. Auf die Verschnaufpause im Jahr 2014 (plus 2,7 Prozent) folgte zwischen Januar und April 2015 noch einmal ein Anstieg von 25 Prozent. Wo in so kurzer Zeit so stattliche Gewinne anfallen, da steigt auch die Neigung, diese Gewinne zu sichern.
"Value at Risk" heißt die Formel, nach der Fondsmanager das Risiko für ihre Anlagedepots berechnen: Werden innerhalb einer bestimmten Zeit vorab bestimmte mögliche Verlustsummen überschritten, sind nicht nur private Anleger, sondern auch institutionelle Investoren alarmiert.
Da hilft es wenig, dass Kursverluste von 25 Prozent und mehr bei BMW , Daimler und BASF innerhalb weniger Wochen "fundamental nicht zu rechtfertigen" seien, wie viele Analysten immer wieder gerne behaupten. Börse ist vor allem Psychologie: Bewertungen und Gewinnaussichten spielen in diesen Tagen nur eine untergeordnete Rolle. Es herrscht derzeit vor allem Angst, binnen kurzer Zeit viel Geld zu verlieren.
Noch verzeichnen viele Depots Gewinne
Beispiel Daimler : Wer vor 12 Monaten die Aktie für rund 60 Euro kaufte, erlebte bis Mai dieses Jahres einen Höhenrausch und Kursgewinne von bis zu 50 Prozent. Seit zwei Wochen kann dieser einst glückliche Daimler-Anleger täglich zusehen, wie der Gewinn dahinschmilzt, zuletzt auf 10 Prozent. Was tun? Zumindest diesen Gewinn sichern? Oder standhaft bleiben, auf Erholung hoffen und riskieren, am Ende im Minus zu stehen? Die Angst vor Verlusten ist eine mächtige Triebfeder, wie auf Börsenpsychologie spezialisierte Anlagestrategen wie Martin Weber oder Joachim Goldberg immer wieder betonen.
Hinzu kommt der Herdentrieb. Für viele Fondsmanager ist es eine Jobversicherung, sich nicht gegen den Markt zu stellen: Wer so gut oder so schlecht ist wie sein Vergleichsindex, dem droht kein Ungemach. Wer den Investoren aber erklären muss, dass er noch schlechter als der Markt abgeschnitten hat, weil er zu früh auf eine Erholung gewettet hat, der hat ein Problem.
Mit seinem erneuten Schwächeanfall von knapp 3 Prozent am heutigen Montag auf 9850 Punkte (Stand 10.30 Uhr), hat der Dax seinen Kursrutsch zunächst fortgesetzt. Der Index sei "überverkauft", heißt es an der Börse. Anders gesagt: Die Anlegerherde rennt Richtung Notausgang.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Dax in Kürze einen Erholungsversuch startet und binnen eines Tages wieder 3 Prozent oder mehr zulegt, ist vergleichsweise hoch - die Tage mit den höchsten Tagesgewinnen sind in der Börsengeschichte die, die auf einen Kursrutsch folgen. Doch ebenso hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass viele Investoren solche Erholungsversuche nutzen werden, um Geld erst einmal in Sicherheit zu bringen. Für eine rasche Rückkehr auf 12.000 Punkte spricht derzeit nichts.