Deutsche-Bank-Zentrale in Russland
Foto: MAXIM ZMEYEV/ REUTERSTeilentwarnung für die Deutsche Bank an einer der vielen Fronten des angeschlagenen Geldhauses: Das Unternehmen hat offenbar gute Chancen, bei einer Prüfung der deutschen Finanzaufsicht Bafin zu Geldwäsche-Vorwürfen in Russland glimpflich davonzukommen.
Die Untersuchungen liefen zwar noch, meldet die "Süddeutsche Zeitung" . Es zeichne sich aber ab, dass sich die Finanzaufsicht darauf beschränken werde, dem deutschen Branchenprimus Auflagen für ein besseres Risikomanagement zu machen. Eine genaue Quelle nannte die Zeitung für ihre Informationen nicht. Sprecherinnen der Bafin und der Deutschen Bank lehnten auf Nachfrage einen Kommentar ab.
Die Deutsche Bank ist derzeit mit der Beilegung zahlreicher Skandale beschäftigt. Die Russland-Affäre und ein Streit mit der US-Justiz wegen Hypothekengeschäften aus der Zeit der Finanzkrise sind dabei die dicksten Brocken.
Moskauer Mitarbeiter der Deutschen Bank hatten reichen Russen über Jahre geholfen, massenhaft Geld zu waschen. In Rede steht eine Gesamtsumme von zehn Milliarden Dollar. Die russischen Kunden kauften Wertpapiere über das Moskauer Büro der Bank, nur um dann identische Papiere in Fremdwährungen über die Londoner Niederlassung des Instituts wieder zu verkaufen.
Besonders pikant: Einige der Geschäfte wurden offenbar noch nach Verhängung der westlichen Finanzsanktionen gegen Russland wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim verhängt. Unter den Profiteuren der Geschäfte sollen auch zwei langjährige Weggefährten von Präsident Wladimir Putin sein, die Unternehmer Arkadij und Boris Rotenberg. Beide sind dem Kreml-Chef seit der Jugend freundschaftlich verbunden und in den vergangenen Jahren zu Milliardären aufgestiegen.
Ungeachtet der Position der deutschen Bafin drohen der Deutschen Bank allerdings noch immer Strafzahlungen. Britische Aufseher und die US-Behörden arbeiten weiter an dem Fall.
Die Bafin hatte bereits im Frühjahr bei der Deutschen Bank Milde walten lassen, als die Finanzaufsicht mehrere Sonderprüfungen ohne weitere Konsequenzen für das Frankfurter Geldhaus beendete. Dabei ging es um den Libor-Skandal, um manipulierte Referenzzinssätze, Derivategeschäfte mit der italienischen Krisenbank Monte dei Paschi di Siena sowie Edelmetallgeschäfte.
Eine Übersicht über die größten Skandale der Deutschen Bank finden Sie hier:
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Peanuts-Vergleich von Kopper:
1994 hatte der damalige Vorstandschef Hilmar Kopper nach der Pleite des Bauunternehmers Jürgen Schneider offene Handwerkerrechnungen über 50 Millionen Mark als "Peanuts" bezeichnet - und damit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Seine Formulierung wurde sogar zum "Unwort des Jahres" gewählt. Betrachtet man die Umstände, unter denen der für seine mitunter brüsken Klartext-Reden bekannte Banker diese Äußerung machte, fällt das Urteil über Kopper zwar milder aus. Denn er wollte damit lediglich verdeutlichen, dass die Deutsche Bank im Vergleich zu den betroffenen Handwerkern wesentlich mehr Geld durch den Betrug verloren hatte. Doch der Schaden für das Ansehen der Bank war angerichtet. Und das musste sich Kopper als ihr Vorstandchef sehr wohl zurechnen lassen.
Breuer zur Verschuldung von Kirch:
2002 äußerte der damalige Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer in einem Fernsehinterview seine Zweifel, ob der Medienunternehmer Leo Kirch angesichts der hohen Schulden seines Unternehmens noch kreditwürdig wäre. Wenige Monate später war Kirch insolvent - und gab Breuer und der Bank die Schuld dafür. Aus Kirchs Sicht war allein die Aussage von Breuer die Ursache dafür, dass er von niemandem mehr Kredit bekam. Es folgte ein lang andauernder juristischer Schlagabtausch, mehrere Vergleichsversuche scheiterten. Am Ende bezahlte die Deutsche Bank 925 Millionen Euro an die Erben von Leo Kirch.
Die Münchner Staatsanwaltschaft erhob überdies Anklage gegen Co-Chef Jürgen Fitschen und vier ehemalige Topmanager des Frankfurter Geldhauses. Sie wirft den Bankern versuchten Prozessbetrug vor: Die Manager sollen im Zivilverfahren um Kirchs Schadensersatzforderungen versucht haben, die Richter zu täuschen, um ein Urteil gegen die Bank zu verhindern.
Ackermanns Victory-Zeichen:
2004 erregt der Prozess gegen den damaligen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann großes Aufsehen. Ackermann saß bis 2000 im Aufsichtsrat von Mannesmann und soll in dieser Eigenschaft im Zusammenhang mit der Übernahme des Düsseldorfer Konzerns durch Vodafone überhöhte Prämienzahlungen von rund 110 Millionen Mark genehmigt haben. die Staatsanwaltschaft bewertete das als Untreue. Nach der Revision und einem zweiten Prozess wird das Verfahren gegen Zahlung von 3,2 Millionen Euro eingestellt. Im kollektiven Gedächtnis wird das Victory-Zeichen bleiben, dass Ackermann in einer Verhandlungspause des Prozesses im Blitzlichtgewitter zeigte. Es wurde zum Symbol für die Arroganz der Mächtigen - auch wenn Ackermanns Umfeld später erklärte, der Bankchef habe nur den Popstar Michael Jackson nachahmen wollen.
Libor- und Euribor-Skandal:
Über mehrere Jahre hinweg hatten Mitarbeiter mehrerer Großbanken die wichtigen Referenzzinsen für das Geldgeschäft der Banken untereinander abgesprochen. Beteiligt waren auch einige Deutsche-Bank-Mitarbeiter. In dem umstrittenen Verfahren ermittelten Banken einmal täglich in Eigenregie ihre Refinanzierungskosten und meldeten diese einer zentralen Stelle. Die Manipulation ist keine Kleinigkeit. Der Libor dient als Basis für Finanztransaktionen im Volumen von mehr als 550 Billionen Dollar - von Hypotheken über Kreditkarten bis hin zu Derivaten. Ähnlich funktionierte auch der Euribor für Anleihen in Euro. Falsche Meldungen bringen da schnell große Handelsgewinne.
Ende 2013 brummte die EU-Kommission dem deutschen Branchenprimus eine Strafe von 725 Millionen Euro auf. Im April 2015 legten die Behörden in den USA und Großbritannien nach: Dort muss die Bank die Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar zahlen. Es laufen noch Zivilverfahren, in denen Unternehmen und Privatleuten Schadensersatz fordern.
Manipulation des Goldpreises:
EU-Kommission, US-Justizministerium und die Schweizer Wettbewerbskommission verdächtigen die Deutsche Bank und sechs weitere Geldinstitute, An- und Verkaufskurse abgesprochen zu haben. Gemessen an den Gesamtumsätzen allein auf den Rohstoffmärkten ein kleiner Skandal doch er bestätigt den Ruf der Deutschen Bank als skrupellosem Geschäftemacher aufs Neue.
CO2-Zertifikate-Handel:
Im Dezember 2012 durchsuchen rund 500 Polizisten und Steuerfahnder die Frankfurter Zentrale und andere Büros der Deutschen Bank. Es geht um den Verdacht der Umsatzsteuerhinterziehung beim Handel mit CO2-Emissionsrechten. Auch gegen Co-Chef Jürgen Fitschen wird ermittelt, weil er eine Umsatzsteuererklärung unterzeichnet hatte. Empört über die Razzia, beschwert sich Fitschen beim hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier. Als der Anruf öffentlich wird, ist der Skandal perfekt.
Geldwäsche in Russland:
Derzeit gehen die Behörden dem Verdacht auf Geldwäsche und Sanktionsverstöße nach. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg geht es dabei um Transaktionen in Moskau und London über möglicherweise rund sechs Milliarden Dollar. Die Deutsche Bank selbst hat bereits eingeräumt, das Gesamtvolumen der zu untersuchenden Transaktionen sei "erheblich".
Die Geldwäsche lief nach einem denkbar einfachen Muster ab: Die russischen Kunden der Deutschen Bank kauften Wertpapiere in Rubel und verkauften sie direkt danach der Filiale in London, die dafür in Dollar bezahlte. Weil Dollar im Spiel waren, interessieren sich US-Behörden für den Fall. Sie prüfen, ob die Banker die Herkunft des Geldes in Russland je ernsthaft hinterfragt oder überprüft haben. Russland als Ausgangsland der Geldwäsche ist besonders problematisch, weil seit der Annektierung der Krim strikte Sanktionen und Kontrollen der Geldflüsse nach und von Russland in Kraft sind. Mit ihren sogenannten Spiegelgeschäften hätten die Banker demnach nicht nur Geld gewaschen, sondern auch zumindest seit 2014 womöglich dabei geholfen, es illegal unter Umgehung von Sanktionen außer Landes zu schaffen.
Embargo-Verstöße sind bei der Deutschen Bank bereits länger ein Thema. Wegen unerlaubten Handels mit Iran rechnet der Vorstand Finanzkreisen zufolge mit einer Strafe im mittleren dreistelligen Millionenbereich.
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