Christian Sewing Deutsche-Bank-Chef warnt vor wirtschaftlichen Schocks durch politischen Nationalismus

USA, Türkei, Italien - Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing blickt eher düster auf die Welt. Die Politik müsse aufpassen, dass sie die weltwirtschaftliche Stabilität nicht nationalen Interessen opfere.
Christian Sewing

Christian Sewing

Foto: Kai Pfaffenbach/ REUTERS

Der Chef der Deutschen Bank, Christian Sewing, hat vor wirtschaftlichen Verwerfungen infolge einer nationalistischen Politik gewarnt. "Die Weltkonjunktur hat ihren Zenit überschritten", sagte Sewing auf dem "Handelsblatt" Banken Gipfel in Frankfurt. Vor allem aber sei die Unsicherheit größer geworden. "In Zeiten einer nationalistischen Wirtschaftspolitik ist die Welt viel anfälliger für Schocks", warnte Sewing. "Die Politik muss aufpassen, dass sie die Stabilität der Weltwirtschaft nicht nationalen Interessen opfert."

Besondere Sorge bereitet Sewing offenbar die Zerrüttung der transatlantischen Beziehungen. Als vor zehn Jahren, im September 2008, die US-Investmentbank Lehman Brothers kollabierte, habe man die Lage nur deshalb relativ schnell stabilisieren können, weil es eine "beispiellose internationale Zusammenarbeit" gegeben habe. "Politik und Notenbanken, allen voran in Europa und den Vereinigten Staaten, koordinierten ihre Aktionen", sagte Sewing. "Man löste Probleme gemeinsam." Das sei heute so kaum mehr vorstellbar. "Das beunruhigt mich, das beunruhigt Kolleginnen und Kollegen in anderen Unternehmen, die ich in diesen Tagen treffe."

Neben den Handelsstreitigkeiten der USA mit China und der EU nannte Sewing auch die Lage in der Türkei als Unsicherheitsfaktor. Die Spannungen zwischen den Regierungen in Ankara und Washington sei dabei aber nur Anlass der Krise. "Die Ursachen liegen tiefer - und zwar vor allem in der hohen Auslandsverschuldung der Türkei", sagte Sewing - und warnte vor Ansteckungseffekten auf andere Schwellenländer wie Argentinien, Südafrika und Indonesien. Bald, so der Deutsche-Bank-Chef, könnte deshalb auch die Zeit zurückkommen, in der große Hilfsprogramme des Internationalen Währungsfonds (IWF) nötig werden.

Auch für die Eurozone blickt Sewing nicht gerade positiv in die Zukunft. Die Wahl in Italien habe Diskussionen ausgelöst, die an die Jahre der Eurokrise erinnerten, sagte der Banker. Auch deshalb erwartet er nicht, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bald zu höheren Zinsen zurückkehren werde. "Das würde vermutlich einigen hoch verschuldeten Ländern in der Eurozone zu schaffen machen, was wiederum tiefgreifende politische Implikationen hätte", prophezeite Sewing. "Das macht es wahrscheinlicher, dass die Zinsen noch länger nahe Null bleiben."

stk
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