Deutsche Bank-Chefs Darum müssen Jain und Fitschen gehen

Scheidende Deutsche-Bank-Chefs Jain, Fitschen: Gescheitert
Foto: Fredrik Von Erichsen/ dpaAm Ende erscheint ihr Abgang als logische Konsequenz: Mit großen Erwartungen waren Anshu Jain und Jürgen Fitschen im Sommer 2012 an die Spitze der Deutschen Bank gerückt. Nur drei Jahre später ist das Kapitel des Duos auf den Chefposten der größten Bank Deutschlands bereits wieder beendet. Am Sonntag beschloss der Aufsichtsrat ihre Demission, der Brite John Cryan ist der neue starke Mann an der Bankspitze.
Noch sind die beiden Co-Chefs nicht ganz weg. Jain tritt Ende Juni zurück und fungiert bis Januar 2016 als Berater, Fitschen darf sogar noch bis Juni 2016 Teil einer Doppelspitze - dann mit Cryan - bleiben. Doch ihre einzige verbliebene Aufgabe besteht darin, einen einigermaßen geregelten Übergang zum kommenden starken Mann Cryan sicherzustellen.
Kein Zweifel: Das Duo Jain und Fitschen ist gescheitert, ihr Abgang erfolgt mit Ansage. Zu viele Baustellen in der größten Bank Deutschlands bekamen die Vorstandschefs nicht in den Griff.
Fünf Gründe für das Aus der Deutsche-Bank-Chefs:
1. Gescheiterter Kulturwandel
Spätestens nach der globalen Finanzkrise, die ab 2007 hereinbrach, war klar: Die Deutsche Bank gehörte auch bei Skandalen zur Weltspitze der Branche. Jain und Fitschen versprachen einen grundlegenden Kulturwandel - von dem bislang kaum etwas zu bemerken ist. Allein im Zeitraum von 2010 bis 2014 musste die Bank wegen Fehlverhaltens mehr als 14 Milliarden Dollar für Rechtskosten aufbringen, wie eine aktuelle Studie zeigt.
Erst im April war schon wieder eine Rekordstrafe verhängt worden. Wegen der Manipulation von Referenzzinssätzen wie Libor und Euribor verlangen amerikanische und britische Behörden Zahlungen von 2,5 Milliarden Dollar. Besonders peinlich für das Spitzenduo dürften die harschen Worte der Ermittler gewesen sein: Die Bank habe sich bei der Aufklärung unkooperativ verhalten, eine Aufseherin sprach gar von "wiederholter Irreführung". Und aktuell steht ein milliardenschwerer Geldwäsche-Verdacht der russischen Dependance im Raum.

Grafikstrecke: So funktioniert die Zinsmanipulation
Was Zweifler bereits beim Amtsantritt 2012 wegen der Vergangenheit Jains als oberster Investmentbanker der Bank befürchtet hatten, ist damit eingetreten.
2. Schlechte Zahlen
Vielleicht hätten die Eigentümer den gescheiterten Kulturwandel und die damit beschädigte Reputation der Deutschen Bank akzeptiert - wenn die Gewinne entsprechend üppig ausgefallen wären. Davon kann aber keine Rede sein. Seit Amtsantritt von Fitschen und Jain im Sommer 2012 rutschte die Bank bislang in jedem Jahr mindestens in einem Quartal in die roten Zahlen. Und das, obwohl die Bank seit Jahren Sparprogramme fährt und die jährlichen Kosten in den vergangenen drei Jahren um 3,3 Milliarden Euro gesenkt hat.

Quartalsgewinne/-verluste der Deutschen Bank: Mau in Blau
Foto: SPIEGEL ONLINE
3. Zweifel an Strategie
Die Tochter Postbank wird komplett verkauft, bis zu 200 eigene Filialen geschlossen: Die Deutsche Bank streicht das Geschäft mit Privat- und Firmenkunden zusammen und stärkt zugleich das Investmentbanking. Mit diesem Schwenk versuchten Jain und Fitschen zuletzt den Umschwung einzuleiten.
Doch die Zweifel sind groß, auch innerhalb des Konzerns: Der geschätzte Privatkunden-Vorstand Rainer Neske trat entnervt zurück, Kritiker verweisen auf die zuletzt guten Ergebnisse des klassischen Geschäfts.
Zudem bedeutet der jüngste Schwenk nichts anderes als das Eingeständnis des Scheiterns: Das Ziel aus dem Sommer 2012, im Privatkundengeschäft etwa bei der Postbank in großen Stil eigene Produkte verkaufen zu können, ist nicht aufgegangen. Am Ende forderte sogar der Betriebsrat offen die Ablösung von Jain.
4. Dümpelnder Aktienkurs
Bei mageren 25,80 Euro notierte die Aktie der Deutschen Bank am 1. Juni 2012, dem Tag des Amtsantritts von Jain und Fitschen. Am vergangenen Freitag, drei Jahre später, dümpelt das Papier immer noch in ähnlichen Regionen - der Schlusskurs lag bei 27,57 Euro. Die Investoren warten seit Jahren vergeblich sowohl auf bessere Geschäftszahlen als auch auf eine Wertsteigerung des Unternehmens.
5. Vertrauensverlust bei Investoren
Die Folge aus gescheitertem Kulturwandel, Zweifeln an der Strategie und schlechten Geschäftszahlen: Die Aktionäre der Deutschen Bank haben die Geduld mit der Bankspitze verloren. Deutlich wurde das auf der Hauptversammlung Ende Mai: Rund 40 Prozent der Aktionäre verweigerten dem Vorstand die Entlastung, ein historisch schlechter Wert.
Dementsprechend fielen die Reaktionen der Aktionärsvertreter auf die Demission des Duos aus: Von der Unausweichlichkeit eines "wirklichen Neuanfangs" sprach etwa Hans-Christoph Hirt vom einflussreichen britischen Aktionärsberater Hermes. Tatsächlich soll die Abstimmungsklatsche auf der Hauptversammlung ausschlaggebend gewesen sein, die wenigen Tage seither wurden anscheinend dafür genutzt, den Führungswechsel mit Zentralbank und Finanzaufsicht abzustimmen.
Video: Die Rücktritte von Jain und Fitschen