Banken und Versicherungen investieren in Kohle und Öl Milliarden für klimaschädliche Großprojekte

Ölsuche in der Arktis, Kohlekraftwerke in Bangladesch: Rund um den Globus sind riesige Energieprojekte geplant. Konzerne wie die Deutsche Bank sind mit Krediten und Investments in Milliardenhöhe dabei.
Ölplattform vor der norwegischen Küste

Ölplattform vor der norwegischen Küste

Foto: epa Scanpix Statoil Hydro/Ho / Norge / dpa

Die Deutsche Bank unterstützt mit Milliardenkrediten Unternehmen, die hinter einigen der klimaschädlichsten Großprojekte zur Gewinnung fossiler Brennstoffe stehen. Dies ist ein zentrales Ergebnis der Studie »Five Years Lost«, in der Umweltschutz- und Nichtregierungsinstitutionen die Finanzierung von zwölf internationalen Megavorhaben zur Gewinnung von Kohle, Erdöl und Erdgas untersucht haben. Die Untersuchung wird an diesem Donnerstag veröffentlicht und lag dem SPIEGEL vorab vor.

Ihr zufolge stellt die Deutsche Bank den Betreibern dieser zwölf Mammutprojekte insgesamt Darlehen und Bürgschaften in Höhe von 27,6 Milliarden Dollar bereit. Darüber hinaus hält das Institut Aktien und Anleihen der beteiligten Unternehmen in Höhe von 10,4 Milliarden Dollar. Wie es in der Studie heißt, soll die Bank so indirekt neue Kohleminen in Indien, Kohle- und Gaskraftwerke in Bangladesch oder Ölbohrungen in der norwegischen Barentssee mitfinanzieren.

Sollten alle zwölf Mammutprojekte wie geplant umgesetzt werden, würden deren CO2-Emissionen laut der Studie rund drei Viertel des gesamten Kohlenstoffbudgets ausmachen, das der Menschheit noch bleibt, um die globale Erwärmung auf durchschnittlich 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

»In den meisten Projekten ist mindestens ein deutsches Institut dabei«

Katrin Ganswindt, urgewald

Dennoch stellen internationale Banken den Projektbetreibern Kredite und Bürgschaften in Höhe von insgesamt 1621 Milliarden Dollar bereit:

  • Spitzenreiter sind die US-Finanzkonzerne Citigroup (103,7 Milliarden Dollar), Bank of America (98,9 Milliarden) und J. P. Morgan Chase (92,4 Milliarden),

  • danach folgt die britische Barclays (66,4 Milliarden).

  • Die Deutsche Bank rangiert auf Platz 14 und ist damit fünftwichtigster europäischer Kreditgeber.

»In allen Projekten sind Firmen dabei, die von der Deutschen Bank und anderen deutschen Finanzinstitutionen über Kredite, Bürgschaften und Investitionen unterstützt werden«, sagt Katrin Ganswindt, Finanzexpertin der Umweltorganisation urgewald, die an der Studie beteiligt war. Gut neun Milliarden Euro an Krediten stellte demnach die Commerzbank bereit. Auch mehrere deutsche Landesbanken sowie die staatseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gaben Darlehen und Bürgschaften im dreistelligen Millionenbereich.

Zudem halten Finanzkonzerne Aktien oder Anleihen im Wert von rund 1100 Milliarden Dollar an den beteiligten Unternehmen wie BP, ExxonMobil oder Siemens. Wichtigster Investor ist der weltgrößte Vermögenswalter Blackrock (110 Milliarden Dollar) – obwohl dessen Chef Larry Fink kürzlich versprochen hat, Blackrock werde sich von Anlagen mit erheblichem Nachhaltigkeitsrisiko trennen. Die Deutsche Bank belegt mit ihren 10,4 Milliarden Dollar den 19. Platz.

»Für die Geschäfte der Deutschen Bank gelten weitreichende interne Richtlinien und Prozesse für die Identifizierung und den Umgang mit Risiken für die Umwelt und die Gesellschaft, die verhindern sollen, dass wir mit unseren Geschäftsaktivitäten direkt zu den geschilderten negativen Auswirkungen beitragen«, sagte ein Unternehmenssprecher dem SPIEGEL. »Die Herausforderungen mit größeren Konglomeraten bestehen hier allerdings auch.« Man werde sich den Bericht ansehen und dann gegebenenfalls weiterführend kommentieren.

Allianz investiert Milliarden in Projektbetreiber

Die Allianz hält laut der Studie Anleihen und Aktien der Projektbetreiber im Wert von mehr als 9,6 Milliarden Dollar. Der Versicherungskonzern hat versprochen, sein Portfolio bis 2050 klimaneutral zu stellen. Dennoch beteiligt er sich an Unternehmen, die etwa im großen Stil Öl und Gas in Surinam erschließen oder neue Kohlekraftwerke in China bauen wollen.

Ein Unternehmenssprecher sagte, die Allianz bekenne sich ausdrücklich zum Klimaschutz und dem 1,5-Grad-Ziel: »Seit 2015 haben wir einen dezidierten Ansatz für den Ausschluss von Eigeninvestitionen in Kohle in Kraft, der bereits zu einem wesentlichen Rückzug aus diesem Bereich geführt hat und eine weitere stufenweise Reduktion vorsieht.« Zu den konkreten Investments der Allianz in die Betreiber der Megaprojekte äußerte sich der Sprecher nicht.

Auch die DZ-Bank, die Zentralbank der Volks- und Raiffeisenbanken, sowie der Sparkassen-Fondsanbieter Deka sind bei den Betreibern der Megaprojekte mit Milliardeninvestments engagiert.

»Neue Kohle-, Öl- und Gas-Quellen zu erschließen, obwohl wir den Klimawandel bereits am eigenen Leibe erfahren, ist völlig verrückt. Trotzdem werden solche Megaprojekte weiter finanziert«, sagt Ganswindt. »Die Investoren wetten gegen unsere Zukunft – und setzen sich gleichzeitig dem Risiko eines enormen Werteverfalls ihrer Investitionen aus.« Schließlich könne es passieren, dass die Förderung aus Klimaschutzgründen vorzeitig gestoppt werde.

Dann haben nicht nur die Projektbetreiber ein Problem. Sondern auch ihre Finanziers.

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