Mögliche Manipulationen auf Strommarkt Deutscher Bank droht Millionenstrafe in den USA

Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt: "Betrügerisches System" angewandt
Foto: dapdDer Deutschen Bank steht in den USA angeblich eine Strafe wegen unerlaubter Handelspraktiken auf dem kalifornischen Strommarkt bevor. 1,5 Millionen Dollar soll das größte deutsche Geldhaus dafür zahlen, dass eine Tochtergesellschaft im Jahr 2010 unrechtmäßig Gewinne an der kalifornischen Strombörse eingestrichen haben soll. Die mit der Angelegenheit vertrauten Personen rechnen möglicherweise noch am Dienstag mit der Verhängung der Strafe.
Die zuständige Behörde versucht in einer größer angelegten Aktion, jenen Handelspraktiken einen Riegel vorzuschieben, die nach Aussage der Federal Energy Regulatory Commission den Manipulationsmethoden gleichen, die den kalifornischen Strommarkt vor mehr als einer Dekade an den Rande des Zusammenbruchs geführt haben.
Die Stromaufseher seien zu dem Schluss gekommen, dass Mitarbeiter von Deutsche Bank Energy Trading ein "betrügerisches System" angewandt hätten, um durch gezielte Stromzukäufe und -verkäufe den Eindruck von Überkapazitäten auf dem kalifornischen Strommarkt entstehen zu lassen. Die Händler hätten dann an den Prämien verdient, mit denen sie von den Regulierern dafür belohnt wurden, dass sie überschüssige Energiemengen aus dem Markt nahmen.
Dies geht aus einer gerichtlichen Anordnung der Regulierungsbehörde vom September vergangenen Jahres hervor. Damals hatte die Federal Energy Regulatory Commission bereits angeregt, die Deutsche Bank mit einer 1,5-Millionen-Dollar-Strafe zu belegen. Außerdem sollte die Bank 123.000 Dollar an unrechtmäßig erwirtschafteten Gewinnen zurückgeben - plus Zinsen.
Eine Sprecherin der Deutschen Bank wollte sich zu der angeblich drohenden Strafe nicht äußern, verwies aber darauf, dass sich die Bank von der kalifornischen Strombörse zurückgezogen habe. Eine der Bank nahestehende Person sagte, die vier vormals in Houston ansässigen Händler, die für das Stromhandelsgeschäft zuständig gewesen seien, würden nicht mehr für die Deutsche Bank arbeiten, seit der deutsche Branchenprimus im vergangenen Herbst im Zuge der globalen strategischen Neuausrichtung einige US-Aktivitäten aufgegeben habe.
Neben der Deutschen Bank haben die Aufseher weitere Geldinstitute überprüft, darunter die britische Barclays und die US-Bank J.P. Morgan. Sie bestreiten, den Strommarkt manipuliert zu haben.
Börse Erinnerungen an Enron
Jon Wellinghoff, Chairman der Federal Energy Regulatory Commission, sagte, seine Behörde habe solche Handelsaktivitäten überprüft, die auffallend den Vorgängen ähnelten, die in den Jahren 2000 und 2001 maßgeblich für die Energiekrise in Kalifornien mitverantwortlich gewesen seien. Namen nannte Wellinghoff nicht.
Sinnbildlich für die damalige Stromkrise steht der Name Enron. Der Energiehändler war im Dezember 2001 spektakulär unter einem milliardenschweren Schuldenberg zusammengebrochen. "Get Shorty," "Fat Boy" oder "Ricochet" hießen die denkwürdigen Handelspraktiken, mit denen der Energieriese damals auf dem noch relativ frisch deregulierten kalifornischen Strommarkt absahnen wollte.
In den neunziger Jahren versprachen sich die Bundesstaaten von der Deregulierung des Marktes eine Verbilligung des Strompreises. Dadurch entstanden neue Handelsmöglichkeiten, da Firmen im Besitz von Elektrizitätswerken und deren Zwischenhändler - wie Enron - den von ihnen produzierten Strom bei regionalen Auktionen anbieten konnten.
Doch die Handelsregeln waren komplex, und zahlreiche Trader fanden Wege, wie sie die Regeln für noch mehr Profit aushebeln konnten. Einige entwarfen Systeme, die den Anschein erweckten, dass eine Unmenge an Strom ins Netz fließen und zu Überlastungen führen könnte. Sie wussten, dass die Stromaufsicht einschreiten und den Firmen Geld anbieten musste, um das Stromnetz stabil zu halten. Praktiken wie diese trugen dazu bei, die Strompreise entlang der amerikanischen Westküste im Jahr 2000 in schwindelerregende Höhen zu treiben und die größte Energiekrise in der kalifornischen Geschichte deutlich zu verschärfen.
Wellinghoff betonte, dieses Mal würden die Regulierer eingreifen und den Akteuren das Handwerk legen, bevor sie dem Strommarkt größeren Schaden zufügen könnten.
Originalartikel auf Wall Street Journal Deutschland