US-Regierung gegen Deutsche Bank Der 14-Milliarden-Schock

Die US-Regierung fordert von der Deutschen Bank 14 Milliarden Dollar wegen krummer Immobiliendeals. Das Geldhaus will die Summe radikal herunterhandeln - doch seine Verhandlungsposition ist schlecht.
Deutsche-Bank-Chef John Cryan

Deutsche-Bank-Chef John Cryan

Foto: KAI PFAFFENBACH/ REUTERS

Die Forderung klingt gigantisch: 14 Milliarden Dollar will das US-Justizministerium von der Deutschen Bank, weil sie jahrelang Hypotheken an nicht kreditwürdige Hauskäufer verkauft und die Ausfallrisiken für diese Kredite dann in komplizierten Wertpapieren gebündelt und diese an meist ahnungslose Investoren verkauft hatte. Die windigen Deals hatten 2008 zum Kollaps des US-Häusermarkts beigetragen.

14 Milliarden Dollar - das wäre eine Summe, die die Rückstellungen des Instituts für ausstehende Rechtsstreitigkeiten um mehr als das Doppelte übertreffen würde. Anleger sind von der Schock-Forderung aus Amerika entsprechend stark verunsichert. Die Aktie von Deutschlands größtem Geldhaus verlor zeitweise bis zu acht Prozent an Wert.

Die Deutsche Bank selbst mahnt zu Besonnenheit. Die Verhandlungen über einen Vergleich mit der US-Regierung stünden erst ganz am Anfang, teilt das Unternehmen mit . Es sei üblich, dass US-Behörden mit viel höheren Forderungen einstiegen, als sie letztlich beschlossen würden. Man werde sich auf keinen Vergleich einlassen, der "auch nur annähernd der genannten Zahl entspricht". Notfalls werde man den Streit vor Gericht ausfechten.

Offiziell äußert sich das Institut nicht dazu, was es zu zahlen bereit wäre. Doch Insidern zufolge wäre es wohl mit einem Vergleich in Höhe von zwei bis drei Milliarden Dollar zufrieden. Maßstab ist die US-Bank Goldman Sachs  . Diese hatte in einem vergleichbaren Fall einem Bußgeld in Höhe von rund 2,6 Milliarden Dollar zugestimmt, nachdem die US-Regierung zunächst 15 Milliarden Dollar gefordert hatte.

Schlechtere Verhandlungsposition für John Cryan

Experten zufolge könnte es für die Deutsche Bank aber schwierig werden, die Summe ebenso stark zu drücken wie Goldman Sachs. Denn sie hat in dem anstehenden Poker mit der US-Regierung gleich aus mehreren Gründen eine wesentlich schlechtere Verhandlungsposition.

  • Erstens sind ihre Beziehungen mit dem US-Justizministerium seit Langem eher schlecht. Zwar habe sich das Verhältnis zu den Amerikanern etwas gebessert, seit der Brite John Cryan den Vorstandsvorsitz übernommen habe, heißt es in Finanzkreisen. Insgesamt aber sei die US-Regierung noch immer unzufrieden, wie die Deutschen ihre Sünden aus der Zeit vor der Finanzkrise aufarbeiteten.
  • Zweitens ist die US-Regierung dafür bekannt, dass sie mit ausländischen Instituten oft weit härter ins Gericht geht als mit heimischen. "Es gibt Studien, die belegen, dass das amerikanische Rechtssystem ausländische Firmen regelrecht diskriminiert", sagt Hans-Peter Burghof, Bankenprofessor an der Universität Hohenheim. Allein deshalb habe die Deutsche Bank bei den anstehenden Verhandlungen einen schweren Stand.
  • Drittens könnte der US-Wahlkampf eine gütliche Einigung erschweren. Die US-Regierung dürfte sich schwer tun, so kurz vor der Wahl in einem solch bedeutenden Fall auf einen Bruchteil der Forderung herunterzugehen. Schon deshalb, weil der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ohnehin nachgesagt wird, sie sei zu eng mit der Finanzwelt verbandelt.
  • Viertens steht Deutsche-Bank-Chef John Cryan unter Zeitdruck. Er hat angekündigt, die größten noch ausstehenden Rechtsstreitigkeiten im Laufe dieses Jahres beizulegen. Er hat kein Interesse an langen Verhandlungen mit den Amerikanern, denn diese dürften die Aktionäre der Deutschen Bank nur weiter verunsichern.

Experten rechnen mit bis zu sieben Milliarden Dollar

Für die Deutschen spricht in dem Poker mit den Amerikanern immerhin, dass ihre dubiosen Hypothekengeschäfte nur ein vergleichsweise kleines Volumen hatten. Andere Geldhäuser, allen voran die Bank of America  , hatten solch zweifelhafte Deals weit exzessiver betrieben - und sind dafür bereits hart bestraft worden.

Einen Vergleich in Höhe von zwei bis drei Milliarden Euro halten Experten dennoch für schwierig. "Ich rechne damit, dass die Deutsche Bank am Ende 4 bis 5,5 Milliarden Dollar bezahlen muss", sagte einer der zehn größten Investoren der Deutschen Bank der Nachrichtenagentur Reuters. "Da wir im US-Wahlkampf sind, kann die Summe aber auch höher ausfallen - etwa sechs oder sieben Milliarden Dollar."

Eine solche Summe wäre ein erneuter schwerer Schlag für die Deutsche Bank. Denn das Institut hat nur 5,5 Milliarden Dollar für die Beilegung weitere Rechtsstreitigkeiten beiseite gelegt. Und es muss sich auch noch auf Forderungen aus Russland einstellen. Dort stehen die Deutschen im Verdacht, sie hätten Kunden geholfen, Rubel-Schwarzgeld in Höhe von rund zehn Milliarden Dollar zu waschen.

"Es ist nicht ausgeschlossen, dass die deutsche Bank im kommenden Jahr noch einmal einen Verlust ausweisen muss", sagt Bankenprofessor Burghof. Und sie müsste eine Lösung finden, um sich das Geld für die Rechtsstreitigkeiten zu beschaffen. "Wenn die Strafe am Ende fünf Milliarden Euro oder mehr beträgt, wird die Deutsche Bank nicht um eine Kapitalerhöhung herumkommen", sagt Ingo Frommen, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg.

Deutsche-Bank-Chef John Cryan stehen schwierige Verhandlungen bevor. Und womöglich ein weiteres mageres Jahr.

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