Konzernumbau bei der Deutschen Bank SPD-Politiker sorgen sich um Zukunft der Postbank

Postbank-Mitarbeiter demonstrieren in Berlin: Sorge um Arbeitsplätze
Foto: Bernd von Jutrczenka/ dpaAm kommenden Freitag soll der Aufsichtsrat der Deutschen Bank über die Zukunft des Konzerns entscheiden - und wie es aussieht findet diese Zukunft ohne die Postbank statt. Die Tochtergesellschaft, die erst seit 2010 mehrheitlich zur Deutschen Bank gehört, dürfte bald wieder verkauft werden. Dem Vernehmen nach soll bei dieser Variante auch das restliche Privatkundengeschäft der Deutschen Bank zusammenschrumpfen. Der einst stolze Konzern würde vor allem in seinem Heimatmarkt deutlich kleiner.
Die Pläne werden bereits seit Wochen diskutiert, doch die Politik in Berlin zeigte sich bisher eher gleichgültig, was das Schicksal des größten deutschen Geldhauses und der ehemals staatlichen Postbank angeht. "Die Deutsche Bank hat das Bundesfinanzministerium unterrichtet, dass es verschiedene Überlegungen für die Postbank gibt", sagte eine Sprecherin von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) noch am Montag. Das Ministerium habe sich dazu aber "in keiner Weise" positioniert. Es handele sich um eine rein unternehmerische Entscheidung.
Ganz so egal ist die Entscheidung der Regierungskoalition aber offenbar doch nicht. "Ich verfolge die Diskussionen über die künftige Neuausrichtung der Deutschen Bank mit einer gewissen Sorge", sagte der SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil SPIEGEL ONLINE. Die Deutsche Bank und die Postbank spielten für die Finanzierung des deutschen Mittelstands eine wichtige Rolle. Daher habe die Debatte auch eine volkswirtschaftliche Dimension. "In jedem Fall erwarte ich von dem Unternehmen, dass es seiner Verantwortung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gerecht wird - ganz gleich ob diese bei Deutscher Bank oder Postbank angestellt sind."
Auch in Hessen, wo die Deutsche Bank ihren Hauptsitz hat, werden die Pläne kritisch beobachtet. Das Gewicht der Deutschen Bank habe "immer noch etwas mit ihrer starken Verankerung in Frankfurt und Deutschland zu tun", sagte der hessische Oppositionsführer und SPD-Bundesparteivize Thorsten Schäfer-Gümbel SPIEGEL ONLINE. Die Deutsche Bank sei "sehr schlecht beraten, dies zu gefährden und sich noch stärker in Richtung Investmentbank auf Kosten des Privatkundengeschäfts zu entwickeln. Dies wäre für Beschäftigte, Kunden und den Finanzplatz Deutschland eine schlechte Nachricht", sagte Schäfer-Gümbel.
Bei der Postbank wird seit Montag gestreikt
Die Sorgen der Politiker scheinen nicht ganz unbegründet. Auch in den Banken selbst herrscht große Unruhe. Bei der Postbank wird seit Montag sogar gestreikt. Es geht um Arbeitsplatzsicherheit - ein Thema, das angesichts der aktuellen Diskussion enorm an Brisanz gewonnen hat.
Auch in dem Teil des Filialgeschäfts, das unter der blauen Marke der Deutschen Bank läuft, ist Alarmstimmung angesagt. Sollte das jetzt diskutierte Konzept durchkommen - wonach es aussieht - stünde auch hier ein Kahlschlag bevor. Rund ein Drittel der 740 Standorte könnte wegfallen. Arbeitnehmervertreter sehen allein in Deutschland 5000 bis 6000 Jobs gefährdet. Und dabei geht es eben nicht um reiche Investmentbanker, sondern mehrheitlich um ganz normale Schalterkräfte.
Vielen Arbeitnehmervertretern wäre deshalb lieber, die Deutsche Bank besänne sich auf ihr Alternativmodell, das eine komplette Abspaltung des Privatkundengeschäfts inklusive Postbank vorsieht. Ist man erst einmal eigenständig, so die Hoffnung, ließen sich die Probleme mit erheblich geringeren Stellenstreichungen lösen. Auch viele Investoren sehen die Abspaltung als besseren Weg. In einer Investorenumfrage des Analysehauses Autonomous sprachen sich jüngst 48 Prozent dafür aus. Nur 29 Prozent plädierten für die Variante, die nur den Verkauf der Postbank vorsieht.
Dennoch ist im Vorstand der Bank bereits eine Vorentscheidung in Richtung des Postbank-Verkaufs gefallen. Der Konzern könnte seinen 94-Prozent-Anteil an dem Institut entweder als Ganzes an einen Konkurrenten verkaufen oder nach und nach über die Börse kleinere Aktienpakete losschlagen, heißt es.
Im ersten Fall hätte der Verkauf wohl die deutlichsten Auswirkungen auf die Kunden. Sollte ein ausländisches Institut wie die französische BNP Paribas oder die spanische Santander die Mehrheit übernehmen, könnte sogar der Name Postbank irgendwann verschwinden.
"Die Investoren werden nicht Schlange stehen"
Doch Experten glauben nicht, dass die Deutsche Bank so einfach einen Käufer finden wird. "Die Postbank ist mit ihren rund 14 Millionen Kunden auf den ersten Blick zwar attraktiv für ausländische Konkurrenten", sagt Hans-Peter Burghof, Bankwirtschaftsprofessor an der Universität Hohenheim. "Doch der Eindruck täuscht: Viele der Kunden haben bei der Postbank zwar ein Konto, mehr aber nicht. Die Beziehung ist sehr oberflächlich. So bekommt man nicht wirklich einen Einstieg in den deutschen Markt."
Auch Dieter Hein vom Analysehaus Fairesearch hält die Postbank für keine besonders begehrte Beute. "Die Investoren werden da nicht Schlange stehen", sagt Hein. Die Rendite der Bank sei zu gering, das Filialnetz mit 1100 Standorten deutlich überdimensioniert, "zumal die Filialen vor allem Postgeschäft machen."
Noch bis 2020 läuft der Vertrag mit der ehemaligen Konzernmutter Deutsche Post. Mindestens bis dahin besteht die Hauptbeschäftigung vieler Filialmitarbeiter in der Annahme und Ausgabe von DHL-Paketen. Was danach kommt, ist offen. Ob ein ausländischer Investor all die Mitarbeiter und Filialen noch braucht, ist fraglich.
Doch auch ein Verkauf in kleinen Teilen über die Börse gilt als schwierig. Geht man nach dem Aktienkurs der sechs Prozent, die derzeit noch an der Börse notiert sind, ist die Postbank 7,8 Milliarden Euro wert. Das sei "völlig überbewertet", sagt Hein. Selbst die gut sechs Milliarden Euro, die die Deutsche Bank einst für die Postbank bezahlt hat, dürften nach seiner Einschätzung nur schwer wieder reinzuholen sein. "Ich halte es nicht für ausgemacht, dass die Deutsche Bank mit der Postbank einen Gewinn erzielt."
Zusammengefasst: Am 24. April will die Deutsche Bank über ihre künftige Strategie entscheiden: Als wahrscheinlich gilt ein Verkauf der Postbank. Die SPD-Politiker Hubertus Heil und Thorsten Schäfer-Gümbel äußern sich kritisch. Und Experten zweifeln daran, dass die Deutsche Bank so leicht einen Käufer finden wird.