Überraschender Gewinn der Deutschen Bank 278 Millionen Euro für ein bisschen Hoffnung

Deutsche-Bank-Zentrale in Frankfurt
Foto: Boris Roessler/ dpaDie Deutsche Bank kann doch noch positiv überraschen: Für das dritte Quartal hat der angeschlagene Konzern einen Gewinn von 278 Millionen Euro verbucht. "Wir sind beim Umbau unserer Bank gut vorangekommen", verkündete Konzernchef John Cryan. Dabei wurde doch vor wenigen Wochen noch diskutiert, ob und wie der deutsche Staat die Bank mit Steuergeldern retten muss. Ist jetzt etwa alles wieder gut? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Warum macht die Bank plötzlich wieder einen ordentlichen Gewinn?
Eine wichtige Grundlage für den Gewinn waren die vergleichsweise hohen Erträge aus dem Investmentbanking - also jener Sparte, die der Deutschen Bank in der Vergangenheit so viel Ärger eingebrockt hat und für die sie so stark kritisiert wurde. Vor Abzug der Steuern verdiente die Bank fast eine Milliarde Euro mit dem Handel von Anleihen, Aktien, Devisen und Derivaten sowie der Beratung und Finanzierung von Unternehmen bei Börsengängen und bei der Ausgabe von Anleihen. Das war deutlich mehr als in anderen Bereichen wie etwa dem Privatkundengeschäft.
Allerdings ist das Ergebnis in der einstigen Vorzeigesparte nicht ganz so glänzend, wie es zunächst scheint:
- Zum einen hat die interne Bad Bank gleichzeitig auch wieder ordentliche Verluste von 538 Millionen Euro angehäuft. Ein guter Teil davon geht auf risikoreiche Geschäfte zurück, die der Konzern früher im Investmentbanking eingegangen ist - und die er nun mit großen Einbußen wieder verkaufen muss.
- Zum anderen verdiente die Bank eben vor allem im Zinshandel gut, den sie eigentlich reduzieren will. Im Aktienhandel, im Beratungsgeschäft und in der Handelsfinanzierung gingen die Erträge zurück - dort will man eigentlich größer werden.
- Und schließlich macht der Vergleich mit den Rivalen aus den USA deutlich, wie weit die Deutsche Bank auch in ihrem einstigen Kernbereich Investmentbanking zurückgefallen ist. Goldman Sachs etwa verdiente im abgelaufenen Quartal mehr als zwei Milliarden Dollar. Dagegen sind die Gewinne der Deutschen Bank mittlerweile Peanuts. Und selbst im Vergleich mit europäischen Rivalen wie der britischen Barclays ist das größte Geldhaus der Bundesrepublik mittlerweile abgehängt.
Ein weiterer Grund für den Gewinn sind die geringer als erwartet ausfallenden Kosten. So hat die Bank im abgelaufenen Quartal weniger Restrukturierungskosten für den Konzernumbau verbucht als von Analysten angenommen. Außerdem hat sie auch weniger Geld zurückgelegt, um ihre vielen Rechtsstreitigkeiten beizulegen. Die Rückstellungen dafür stiegen von 5,5 Milliarden Euro lediglich auf 5,9 Milliarden Euro. Analysten hatten damit gerechnet, dass die Bank diese Kasse für ihre Rechtskriege stärker aufstockt.
War der Kursabsturz an der Börse zuletzt übertrieben?
Der Verfall der Deutschen-Bank-Aktie war dramatisch. Innerhalb von anderthalb Jahren verlor die Bank bis Ende September mehr als zwei Drittel ihres Börsenwerts. Ob dieser Ausverkauf gerechtfertigt war, lässt sich schwer sagen. Schon deshalb nicht, weil niemand wirklich weiß, wie viele Risiken noch in der Bilanz der Bank und in den Tausenden Rechtsstreitigkeiten lauern.
Sicher ist jedoch: Der Absturz der Aktie ist gefährlich. Er spiegelt den Vertrauensverlust der Investoren und lässt das Kapital der Bank schmelzen. Zuletzt konnte die Führung unter Konzernchef Cryan allerdings ein bisschen durchatmen: Seit knapp vier Wochen steigt der Aktienkurz zumindest wieder leicht. Wie fragil diese Erholung ist, zeigte allerdings dieser Donnerstag: Zu Handelsbeginn lag die Deutsche-Bank-Aktie ob der überraschenden Zahlen noch mehr als drei Prozent im Plus. Bis zum Mittag war daraus allerdings schon wieder ein kleines Minus geworden.
Geht es der Deutschen Bank jetzt wieder gut?
Nein, das behauptet noch nicht einmal das Management selbst. Erstens sind die großen Rechtsstreitigkeiten nach wie vor ungelöst. Von der Höhe der Vergleiche mit amerikanischen Behörden (siehe nächste Frage) hängt ab, ob und in welchem Umfang die Bank frisches Kapital braucht. Die Kapitalschwäche gilt als größtes Manko der Bank, unklar ist, woher frisches Geld kommen könnte.
Zweitens zeigen die jüngsten Zahlen auch, dass der Konzern unverändert ein strategisches Problem hat. Bankchef Cryan hat das Geschäft mit Unternehmenskunden und den Zahlungsverkehr zum Kern der Strategie erklärt, daneben sollten stabile Bereiche wie die Vermögensverwaltung und das Privatkundengeschäft eine wichtige Rolle spielen. Im dritten Quartal haben Kunden jedoch mehr als 20 Milliarden Euro abgezogen, allein 17 Milliarden Euro zogen Kunden aus der Vermögensverwaltung ab. Das zeugt von einem erheblichen Vertrauensverlust.
In der Vermögensverwaltung hat die Bank zudem führende Manager verloren, in Asien sind die beiden wichtigsten Köpfe zur UBS gewechselt und sollen viele Kunden und deren Vermögen mitgenommen haben. Einen "brain drain" gibt es auch in anderen Bereichen.
Regulierungsbehörden machen zudem weiter Druck, das Investmentbanking zu verkleinern, das im abgelaufenen Quartal wesentlich zum Gewinn beigetragen hat. Außerdem wird die Sanierung und Modernisierung der IT weiterhin viel Geld kosten.
Was droht der Bank noch?
Das Wohl der Deutschen Bank hängt sehr stark vom amerikanischen Department of Justice (DoJ) ab. Das Justizministerium will, dass der Konzern mit einem Vergleich über 14 Milliarden Dollar für schmutzige Geschäfte am amerikanischen Hypothekenmarkt in den Jahren vor der Finanzkrise büßt. Zwar hofft die Bank, den Betrag weit herunterhandeln zu können, doch ob das gelingt ist fraglich. Wenig hilfreich war, dass man das DoJ brüskierte, indem man postwendend öffentlich erklärte, man denke nicht daran, auch nur annähernd so viel zu zahlen. Erstaunlich ist, dass die Bank ausgerechnet für diesen Rechtsstreit im dritten Quartal kein weiteres Geld zurückgelegt hat.
Große Fondsgesellschaften wie Blackrock und die Allianz-Tochter Pimco wollen außerdem Schadensersatz von der Deutschen Bank, ebenfalls im Zusammenhang mit den amerikanischen Hypotheken-Geschäften. Ob und in welchem Umfang der Konzern dafür schon vorgesorgt hat, ist unklar.
Weitere hohe Bußgelder drohen für die mutmaßliche Beteiligung der Deutschen Bank an milliardenschweren Geldwäsche-Geschäften in Russland. Hier ermitteln britische und amerikanische Behörden, eine Milliardenbuße steht im Raum. Auch für die versuchte Manipulation der Devisenmärkte, für Sanktionsverstöße und andere unsaubere Geschäfte könnte die Bank in den USA noch zur Kasse gebeten werden.
Abgesehen von den Strafen verlangen amerikanische Aufsichtsbehörden, dass die Bank ihre Risikokontrollsysteme deutlich verbessert. Andernfalls dürfte sie auch im kommenden Jahr durch den Stresstest der US-Aufseher fallen und läuft letztlich Gefahr, in den USA deutlich weniger Geschäft machen zu können.