Urabstimmung Ver.di-Mitglieder votieren für unbefristeten Streik bei Deutscher Post

Zustimmung von 85,9 Prozent: Die bei der Deutschen Post angestellten Mitglieder der Gewerkschaft Ver.di haben sich für einen unbefristeten Streik ausgesprochen. Am Freitag wollen beide Seiten aber zunächst verhandeln.
Postfahrrad in Düsseldorf: Mitglieder zeigen sich entschlossen

Postfahrrad in Düsseldorf: Mitglieder zeigen sich entschlossen

Foto:

Michael Gstettenbauer / IMAGO

Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen für die rund 160.000 Tarifbeschäftigten der Deutschen Post haben sich die Ver.di-Mitglieder des Unternehmens gegen das Angebot der Arbeitgeber – und damit für einen unbefristeten Streik – entschieden. In der Urabstimmung lehnten 85,9 Prozent der Befragten das Tarifangebot ab, wie die Gewerkschaft mitteilte. Das Quorum von 75 Prozent wurde damit deutlich übertroffen.

Die Deutsche Post hat Ver.di nahezu zeitgleich mit der Bekanntgabe des Ergebnisses zur erneuten Aufnahme der Tarifverhandlungen aufgefordert. Die Verhandlungen sollen am Freitag fortgesetzt werden. Die Gewerkschaft kündigte an, dieser Aufforderung nachzukommen.

»Die Deutsche Post AG steht jetzt in der Verantwortung, durch eine deutliche materielle Verbesserung des abgelehnten Angebots einen unbefristeten Streik abzuwenden«, sagte die stellvertretende Ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführerin Andrea Kocsis. »Das Ergebnis der Urabstimmung zeigt die Entschlossenheit unserer Mitglieder, für ein gutes Tarifergebnis zu kämpfen.«

Post-Chef Appel verteidigt Angebot

Ver.di fordert 15 Prozent mehr Lohn in einem zwölf Monate laufenden Tarifvertrag. Die Post bot zuletzt eine Tariferhöhung in zwei Stufen ab 2024 an, die Firmenangaben zufolge die Bezahlung um durchschnittlich 11,5 Prozent verbessern würde. Alle Monatsgehälter sollten im nächsten Jahr um 340 Euro steigen. Zusätzlich sollen die Beschäftigten schon ab diesem Jahr schrittweise 3000 Euro netto bekommen, die als Inflationsausgleichsprämie fließen. Sollte es zum Streik kommen, würde sich die Zustellung von Millionen Paketen und Briefen aller Voraussicht nach deutlich verzögern.

Post-Chef Frank Appel, der sein Amt im Mai an seinen Vorstandskollegen Tobias Meyer abgeben wird, wies die Forderung von Ver.di zurück – und verteidigte seinen eigenen Vorschlag: »Das Angebot, was wir vorgelegt haben, ist das beste Angebot, was von irgendeinem Unternehmen in den letzten sechs Monaten vorgelegt worden ist«, sagte Appel während der Bilanzpressekonferenz.

»Wir können keine Dinge tun, die nachhaltig diese Division beschädigen«, sagte Appel im Bezug auf das Brief- und Paketgeschäft der Post in Deutschland. Dieses machte im vergangenen Jahr noch knapp 18 Prozent der Umsätze des Konzerns und 15 Prozent der Betriebsgewinne (Ebit) aus, Tendenz sinkend. Den Rest verdient die Post mit dem internationalen Logistikgeschäft ihrer Marke DHL.

Laut Nikola Hagleitner, die im Vorstand der Post für das Brief- und Paketgeschäft in Deutschland verantwortlich ist, ist das Unternehmen so gut wie möglich auf einen drohenden Streik vorbereitet. »Wir haben Verwaltungskräfte, die wir dann punktuell einsetzen können«, sagte Hagleitner am Donnerstag. Die Post werde aber keine externen Beschäftigten oder Leiharbeitnehmer einsetzen, um streikendes Personal zu ersetzen. Hagleitner verwies darauf, dass noch immer Beamte für den Konzern arbeiten sowie auch Angestellte, die keiner Gewerkschaft angehören.

Das Dax-Unternehmen meldete ebenfalls am Donnerstag einen Rekordgewinn für das Jahr 2022 und will die Dividende von 1,80 auf 1,85 Euro je Aktie erhöhen. Appel betonte jedoch, dass dieses Geld aus dem Ausland komme: »Nicht ein Eurocent dieser Dividende wird aus dem Deutschlandgeschäft bezahlt.« Bei Personalkosten von etwa 7,5 Milliarden Euro in Deutschland würde eine Gehaltserhöhung um 15 Prozent, wie Ver.di sie fordert, die Post gut eine Milliarde Euro jährlich kosten.

Die Kosten eines möglichen Ausstands bei der Post lassen sich Postvorständin Hagleitner zufolge derzeit nicht beziffern. Die Managerin verwies auf wochenlange Streiks bei dem Unternehmen im Jahr 2015. »Damals haben wir 100 Millionen Kosten dafür aufgerufen.«

apr/bem
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten