Firmen im Überlebenskampf
»Die Hilfen müssen endlich bei den Betrieben ankommen«
Als »Bazooka« mit Wumms hat Finanzminister Scholz die Corona-Hilfen für die Wirtschaft gepriesen. Für viele Unternehmen erweist sie sich offenbar als Rohrkrepierer – weil das Geld nicht ankommt.
Die Kritik aus der Wirtschaft an der schleppenden Umsetzung und zu viel Bürokratie bei den staatlichen Corona-Hilfen reißt nicht ab. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sagte der Nachrichtenagentur dpa: »Die als Bazooka-Hilfen groß angekündigten Hilfen müssen endlich bei den Betrieben ankommen und dürfen nicht von Bürokratie ausgebremst werden.« Kritik kam auch vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft, der von »leeren Versprechen« sprach.
Wollseifer sagte: »Wenn es lediglich darum ginge, über das Regelungswirrwarr Frust zu schieben, wäre das zwar ärgerlich, aber noch nicht bedrohlich. Aber längst ist das nicht mehr nur frustrierend, sondern existenzbedrohend für sehr viele unserer Betriebe.« Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte zu Beginn der Pandemie im März bei der Vorstellung eines unbegrenzten Kreditprogramms von einer »Bazooka« gesprochen. Der Begriff »Bazooka« steht für eine quasi unbegrenzte finanzielle »Feuerkraft«.
Hintergrund der Kritik der Wirtschaft ist zum einen die Verzögerung bei der Auszahlung der regulären Novemberhilfen, das sind Zuschüsse für Firmen. Die Auszahlung über die Länder startete erst am Dienstag. Zum anderen gibt es Kritik an Bedingungen für die Überbrückungshilfen. Dabei werden anders als bei den November- und Dezemberhilfen nicht Umsatzausfälle erstattet, sondern betriebliche Fixkosten.
Steuerberater erwarten Rückforderungswelle
Kritik an den Regelungen kommt auch von Deutschlands Steuerberatern. Der Steuerberaterverband beklagt einen großen Korrekturaufwand bei Anträgen für die staatliche Überbrückungshilfe in der Coronakrise. »Ich gehe davon aus, dass wegen der neuen Fixkosten-Regel 80 Prozent bis 90 Prozent aller Anträge für Überbrückungshilfen noch einmal angepackt werden müssen«, sagte Verbandspräsident Harald Elster der Zeitung »Welt«. In der Folge müssten viele Unternehmen entweder bereits gezahlte Hilfen zurückzahlen oder sie bekämen weniger Geld, als sie ursprünglich gedacht hätten.
Elster forderte eine längere Antragsfrist, um die bereits gestellten Anträge zu überarbeiten. »Eine Verlängerung der Frist bis zum 28. Februar ist notwendig«, sagte er. Bislang endet sie am 31. Januar. Erst kürzlich hatte das Bundeswirtschaftsministerium nach Absprache mit der EU-Kommission klargestellt, dass Überbrückungshilfen lediglich ein Beitrag zu den ungedeckten Fixkosten sein dürfen. Regelungen bei der Überbrückungshilfe II wurden wegen des EU-Beihilferechts angepasst. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums sind »ungedeckte Fixkosten« Voraussetzung für die Gewährung von Beihilfen – also für Kosten, die eine Firma nicht mit den noch vorhandenen Einnahmen decken kann.
Unter anderem der Bundesverband der Freien Berufe hatte zuletzt kritisiert, dass eine auf ungedeckte Fixkosten beschränkende Regelung bei der Berechnung der Überbrückungshilfen erst nachträglich aufgenommen worden sei. Damit rutschten sicher etliche Anträge mindestens in die Grauzone, Rückzahlungen seien zu befürchten.
Seit Beginn der Pandemie hat die schwarz-rote Koalition umfassende Hilfsprogramme beschlossen, um die Folgen der Pandemie für Firmen und Jobs einzudämmen. Doch mit den November- und Dezemberhilfen sowie den Überbrückungshilfen hat der Bund ein komplexes System geschaffen, das für viele schwer verständlich ist. Zuletzt hatte es Verzögerungen bei der Auszahlung der Novemberhilfen gegeben. Die Hilfsprogramme nehmen laut Elster mittlerweile einen erheblichen Teil der Arbeit der Steuerberater ein.