Drohende Kürzungen bei Förderung Solarlobby ringt um Abwehrstrategie

Solarworld-Chef Asbeck: Ein Kind, dem man die Schokolade wegnimmt?
Foto: AXEL SCHMIDT/ AFPHamburg - Aufruhr unter den Sonnenkönigen: Nachdem im vergangenen Jahr so viele neue Solaranlagen ans Netz gegangen sind wie noch nie, erwägt die Bundesregierung neue Wege, um die Kosten des Booms zu drücken. Im vergangenen Jahr zahlten Verbraucher rund acht Milliarden Euro für die Förderung von Sonnenenergie - über Aufschläge auf ihre Stromrechnung.
Offiziell will der Branchenverband BSW-Solar neue Einschnitte unbedingt abwehren. "Wir sehen keinen Änderungsbedarf bei der Förderpolitik", sagt Geschäftsführer Jörg Mayer. Argumente liefern soll ein Kurzgutachten, das das Forschungsunternehmen Prognos für den Verband erstellt hat. In diesem heißt es, die Solarförderung sinke schnell genug, um die Kosten für Verbraucher zu minimieren.
Intern aber ist die Branche zerstritten. Der Chef von Orange Solar etwa schrieb kürzlich eine bitterböse Rundmail an seine Verbandskollegen. Die Solarindustrie solle sich in Bescheidenheit üben, forderte Daniel Brandl. Sie müsse stärkere Einschnitte in Kauf nehmen. Das derzeitige Verhalten in der Branche erinnere ihn an "ein übergewichtiges Kind, dem man die Schokolade wegnimmt".
Und der BSW-Solar ist in Wahrheit nicht so unnachgiebig, wie er sich darstellt. Intern wird derzeit diskutiert, wie man der Regierung bei der Förderung entgegenkommen kann. Am 16. Januar wollen die Top-Manager des Verbands in einer Telefonkonferenz über entsprechende Vorschläge beraten; diese sollen Umweltminister Norbert Röttgen am 19. Januar präsentiert werden.
Man will mit einer Stimme sprechen, doch die Vorschläge der BSW-Vorstandsmitglieder gehen weit auseinander. Frank Asbeck, Chef von Solarworld, plädiert für eine Art Größenbeschränkung bei der Förderung. Weitläufigere Anlagen auf Freiflächen sollen künftig kein Geld mehr bekommen, so sein Konzept. Das würde vor allem Asbecks Konkurrenten treffen. Solarworld selbst schraubt Verbrauchern vor allem kleine Anlagen aufs Dach.
Monatliche Absenkung der Förderung?
Das Unternehmen Juwi dagegen plädiert in einem internen Schreiben für einen Stufenplan. Demnach soll die Solarförderung ab dem 1. Februar jeden Monat sinken - und zwar um je zwei Prozent. Die Firma hatte bereits im vergangenen Jahr vorgeschlagen, die Förderkürzung in mehreren kleinen Stufen zu senken. Auf Anfrage will sich die Firma zu ihren Plänen nicht äußern.
Bislang sinkt die Solarförderung alle sechs Monate - umso stärker, je mehr Solaranlagen ans Netz gehen. Den Boom konnte das nicht bremsen. Oft versuchen Verbraucher, vor Fristablauf noch schnell eine Anlage aufs Dach zu bekommen, um den höheren Fördersatz abzugreifen. Das beschleunigt die Verkäufe eher, als sie zu bremsen. Würde der Fördersatz mehrfach im Jahr gesenkt, wäre dieses Problem gemindert.
Offiziell sieht der BSW-Solar einen Stufenplan kritisch. "Je kürzer die Intervalle werden, desto unsicherer wird die Förderung für den Markt", sagt Geschäftsführer Jörg Mayer. "Beim Bau von Anlagen gibt es nicht selten Zeitverzögerungen. Wer eine Anlage bauen will, hat dann immer weniger Gewissheit, dass er auch wirklich die Förderung erhält, mit der er plant." Intern heißt es im Verband dagegen, ein solches Modell sei immer noch das kleinste Übel.
Tatsächlich werden in der Regierungskoalition zum Teil noch viel weiterreichende Vorschläge diskutiert - die die Branche auf jeden Fall verhindern will. Unter anderem ist davon die Rede, die Förderung schlagartig noch stärker abzusenken als bisher. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) fordert gar, jedes Jahr nur den Neubau von Anlagen mit einer Leistung von 1000 Megawatt zu fördern. Wer zu spät kommt, geht nach diesem Modell leer aus.
Noch herbere Einschnitte fordert der Wirtschaftsflügel der Union: Man müsse die Netzbetreiber von der Pflicht befreien, zu jeder Zeit allen Ökostrom abzunehmen, fordern die Abgeordneten Michael Fuchs, Thomas Bareiß und Joachim Pfeiffer in einem internen Positionspapier. Da erneuerbare Energien in der Produktion teurer sind als etwa Kohle- oder Atomstrom, würden die Betreiber von Wind-, Solar- oder Biogasanlagen dadurch faktisch einen Teil ihres Stroms nicht mehr los.