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Milliardenschaden für Verbraucher Politik ignoriert Energieabzocke

Jahrelang drückten sich deutsche Industriekonzerne mit fragwürdigen Modellen um die Zahlung der EEG-Umlage. Doch der Ehrgeiz, das Geld zurückzuholen, scheint auch in der künftigen Regierung gering.
aus DER SPIEGEL 45/2021
Stahlwerk in Duisburg

Stahlwerk in Duisburg

Foto: Marc-Steffen Unger

Die Parteien der alten oder möglichen neuen Regierung zeigen wenig oder gar kein Interesse, den Zehn-Milliarden-Euro-Skandal um den mutmaßlichen Missbrauch des Erneuerbare-Energien-­Gesetzes (EEG) aufzuarbeiten und das Geld für die von Industriekonzernen geprellten Verbraucher zurückzuholen.

Union und SPD, die für die Gesetzeslücke verantwortlich sind und während ihrer Regierungszeit eine weitreichende Amnestie für Großkonzerne wie Bayer, Evonik, Currenta, Daimler oder Thyssenkrupp durchsetzten, schweigen beharrlich. Eine Anwältin von BBH, einer in die Affäre involvierten Kanzlei, wurde in dieser Woche neue Präsidentin des Wirtschaftsforums der SPD. Auch die FDP schweigt, gab aber in Gesprächen in Berlin offenbar zu erkennen, dass die Industrie ihrer Ansicht nach ohnehin mit zu hohen Abgaben belastet sei.

Lediglich die Grünen denken zumindest darüber nach, ob man die von der Industrie über dubiose Tricks eingesparte EEG-Umlage noch zurückholen und Stromkunden gutschreiben kann, die infolge der Trickserei höhere EEG-Lasten tragen mussten. Man lasse von Juristen prüfen, ob der von der alten Regierung im EEG verankerte Amnestie-Paragraf gekippt werden könne, heißt es im Umfeld des energiepolitischen Sprechers Oliver Krischer. Die Neigung, die Koalitionsverhandlungen mit dem heiklen Thema zu belasten, ist trotz der hohen Summe von zehn Milliarden Euro jedoch auch bei den Grünen nicht ausgeprägt.

Der SPIEGEL hatte in der vergangenen Woche berichtet , dass sich Konzerne mit Wissen der Bundesregierung viele Jahre lang mit fragwürdigen Modellen um die Zahlung der EEG-Umlage gedrückt hatten. Konkret ging es um das sogenannte Scheibenpachtmodell. Dabei pachten Unternehmen Teile von Kraftwerken (Scheiben) und werden so mithilfe ausgeklügelter Verträge auf dem Papier zu Mitbesitzern dieser Kraftwerke. Die Erzeugung und Nutzung von Strom für die eigene Produktion ist von der EEG-­Abgabe befreit. Als die Sache aufflog und Nachzahlungen in Milliardenhöhe drohten, drängten einige Konzerne erfolgreich auf eine Amnestie. Verbraucherschützer fordern eine Entlastung der übervorteilten Stromkunden. Die Konzerne beharren auf der Rechtmäßigkeit ihrer Modelle.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, die SPD habe eine Anwältin der Kanzlei BBH zur Präsidentin ihres Wirtschaftsforums gewählt. Tatsächlich ist das Wirtschaftsforum kein Gremium der Partei. Wir haben die Stelle korrigiert.

Aus: DER SPIEGEL 45/2021

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