Einstieg von Katar Hochtief spielt auf Zeit

Hochtief-Mitarbeiter in Düsseldorf: Katar steigt als neuer Großaktionär ein
Foto: dapdHamburg - Herbert Lütkestratkötter muss jetzt aufpassen, was er sagt. Stolz verkündet der Hochtief-Chef, im arabischen Staatsfonds Qatar Holding einen neuen Großaktionär gefunden zu haben. Manche in Deutschland sehen in den Arabern schon "Weiße Ritter", die den Übernahmeversuch des spanischen Konkurrenten abwehren und die Unabhängigkeit des größten deutschen Baukonzerns verteidigen könnten. Das wäre ein Triumph für den Vorstand um "Dr. Lü", der sich früh auf eine harte Haltung gegen ACS festgelegt hat.
Doch Lütkestratkötter gibt sich vorsichtig: Der Einstieg und die damit verbundene Kapitalerhöhung hätten nichts mit der ACS-Offerte zu tun. Vielmehr gehe es darum, "die Finanzposition von Hochtief zu stärken" und "Freiraum für weiteres Wachstum" zu schaffen. Er tritt auch dem Eindruck entgegen, der Deal gehe auf die Vermittlung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Katars Emir al-Thani zurück. Schon im Frühjahr habe es Gespräche darüber gegeben, ganz ohne feindliche Übernahme im Hintergrund. Die Partnerschaft von Hochtief und sei lang erprobt.
Die Vorsicht hat gute Gründe. Würden die Araber tatsächlich als Gegner von ACS auftreten, wäre die Kapitalerhöhung nach dem deutschen Aktiengesetz verboten. Seit Veröffentlichung des Übernahmeangebots im September darf das Hochtief-Management nichts unternehmen, um die Übernahme mit finanziellen Mitteln zu vereiteln. Auch die Ausgabe einer neuen Anleihe musste es absagen.
Die aktuelle Kapitalerhöhung ist nur möglich, weil sie von den Aktionären auf Vorrat genehmigt worden war. Sie verschafft Katar einen 9,1-prozentigen Anteil an Hochtief. Der Anteil von ACS sinkt dagegen von knapp 30 auf 27 Prozent - doch ob die Spanier sich von dem Manöver abschrecken lassen, ist fraglich.
Die Botschaft? Katar ist nicht die schnell gezückte Trumpfkarte
"Diese 9,1 Prozent helfen uns natürlich momentan weiter", sagt Konzernbetriebsratschef Siegfried Müller. "Das gibt uns Zeit." Auch er betont, dass Hochtief schon "über Jahrzehnte" Geschäfte mit Katar mache. Der Wüstenstaat sei mit 5000 Beschäftigten einer der größten Standorte des Konzerns - fast halb so wichtig wie der deutsche Heimatmarkt. Die Botschaft lautet: Katar ist ein langjähriger Partner, nicht eine in der Not gezückte Trumpfkarte. Er wolle mit allen Hochtief-Aktionären zusammenarbeiten, betont auch Katars Premierminister Scheich Hamad al-Thani.
Der Hochtief-Aktienkurs stieg am Montag um vier Prozent, obwohl die Ausgabe neuer Anteilsscheine die alten entwerten müsste - wohl eine Spekulation auf einen Bieterwettbewerb, mutmaßt ein Analyst. Für die Refinanzierung von Hochtief sei die Kapitalerhöhung gar nicht nötig. Wohl aber würde sie von ACS ein neues, teureres Übernahmenangebot erzwingen, falls die Spanier nicht in einem Zug die 30-Prozent-Schwelle erreichen.
Showdown im Mai
Dass die spanischen Angreifer an dieser Hürde scheitern, hält der Experte jedoch für ausgeschlossen. "Die sind schon ziemlich trickreich unterwegs", sagt er. Auch aus dem Börsenprospekt lässt sich ablesen, dass ACS sich bereits Optionen auf weitere Hochtief-Anteile gesichert hat. Große Eile haben die Spanier nicht, große Barreserven für einen teuren Übernahmekampf auch nicht. Im Lauf des kommenden Jahres wollen sie nach und nach 50 Prozent der Anteile erhalten - das würde genügen, um mit der schuldenfreien Bilanz von Hochtief das hochprofitable, aber stark fremdfinanzierte Geschäft von ACS zu sanieren.
Ein entscheidendes Datum wird der 12. Mai 2011 sein. Dann könnten die Verteidiger von Hochtief auf der Hauptversammlung noch einmal alle Kräfte aufbieten, um eine weitere, größere Kapitalerhöhung zu beschließen. Doch falls ACS bis dahin auf etwa 40 Prozent käme, wäre die Mehrheit den Spaniern wohl sicher.
Von den Beschlüssen der diesjährigen Hauptversammlung gedeckt wäre immerhin eine weitere Ausgabe neuer Aktien in Höhe von 20 Prozent des aktuellen Grundkapitals. Bedingung hierfür wäre aber, dass der Konzern im Gegenzug neue Sacheinlagen bekommt. Dafür müsste sich Lütkestratkötter einen anderen Partner suchen als die Qatar Holding, die nur Geld zu bieten hat.
Hochtief könnte beispielsweise seinerseits ein anderes Bauunternehmen übernehmen und den Kaufpreis mit neuen Aktien bezahlen. Doch selbst dann würde der heutige ACS-Anteil maximal auf 21,5 Prozent verwässert. Die Spanier wären etwas weiter von ihrem Ziel entfernt und müssten mehr Zeit und Geld aufwenden, um die Mehrheit an Hochtief zu erreichen. Aber um sie letztlich zum Rückzug zu treiben, wäre es wohl nicht genug.
ACS wollte zunächst nicht offiziell auf die neue Wende im Fall Hochtief reagieren. Doch eins sei klar: "Wir ziehen unser Angebot nicht zurück", betonte eine Sprecherin.