So teuer ist Eis geworden Der Nogger-Index

Preistafel aus den Siebzigern: Nogger, Split und Flip
Foto: UnileverErinnern Sie sich an die Zeiten, in denen eine Kugel Eis 50 Pfennig kostete? Oder eine Mark? Oder wenigstens einen Euro? Heute sind Preise von 1,20, 1,40 oder 1,60 Euro pro Kugel an vielen Eisdielen Normalität. Doch wie teuer ist Eis im Supersommer 2019 wirklich? Und war früher nicht sowieso alles günstiger?
Die Preise an einzelnen Eisdielen, die vielleicht durch besondere Rezepturen oder außergewöhnlich große Kugeln bestechen, lassen sich nur schwer vergleichen, zumal es auch regionale Unterschiede gibt. Das abgepackte Eis von Firmen wie Schöller oder Langnese dagegen ist deutschlandweit gleich, egal ob Sie es an der Flensburger Förde oder beim Bummel durch die Freiburger Altstadt genießen.
Grund genug für einen Blick auf Anschlagstafeln aus fünf Jahrzehnten. Aus ihnen gehen (unverbindliche) Empfehlungen für Händler hervor, zu welchem Preis sie Calippo und Co. verkaufen können. Eine Garantie, dass Sie für das Eis in der Hamburger Innenstadt nicht doch teils erheblich mehr bezahlen, ist das nicht. Doch die Angaben sind ein guter Anhaltspunkt, wie teuer Eis damals war und heute ist.

Cornetto und Co.: So sahen die Eistafeln früher aus
Die erste Erkenntnis beim Blick auf Karten aus den Jahren 1979, 1989, 1999, 2009 und 2019: Beim Eis scheinen die Deutschen ziemlich konservativ zu sein. Zwar kommen auch immer mal wieder neue Sorten wie Solero auf den Markt, und andere verschwinden wieder. Doch mit Domino, Nogger, Cornetto oder Capri gibt es viele Sorten, die bereits seit Jahrzehnten verkauft werden. Auch das 1989 erstmals erhältliche Magnum entwickelte sich zum Verkaufsschlager. Die damals noch im dänischen Aarhus beheimatete Produktion wurde schnell zu klein.
Nogger war 1999 günstig
Inzwischen verkauft der Konzern Unilever, zu dem Langnese gehört, nach eigenen Angaben mehr als zwei Milliarden Magnum jährlich. Dabei galt es mit einem Richtpreis von zwei Mark bereits bei Einführung als sehr teuer. Umgerechnet sind das 1,02 Euro. Eine Summe, für die heute aber gerade mal ein Capri-Wassereis zu haben ist, Magnum kostet oft 2,20 Euro. Doch entspricht diese Steigerung der Eispreise auch der Entwicklung der durchschnittlichen Inflationsrate oder der Löhne?
Um die Preistafeln einordnen zu können, haben wir Indizes gebildet, die die Teuerung der Verbraucherpreise genauso berücksichtigen wie die Entwicklung der Gehälter. Als Bezugsgrößen haben wir die jährlichen Inflationsraten sowie das jedes Jahr staatlich festgehaltene Durchschnittsentgelt aller Beitragszahler in die gesetzliche Rente gewählt - und deren Steigerungen den Preissteigerungen gegenübergestellt:
Aus den Indizes geht unter anderem hervor, dass Nogger 1999 besonders günstig war, Capri dagegen zuletzt vergleichsweise teuer geworden ist, womöglich weil die im Handel psychologisch wichtige Preisempfehlung von einem Euro angegeben werden sollte. Der Preis für ein Domino-Eis indes bleibt hinter der Lohnentwicklung zurück: Während die Inflation seit 1979 um 128 Prozent anstieg und die Löhne um 175 Prozent, verteuerte sich das Domino-Eis um 144 Prozent.
Schaut man auf die Preise 1979 und 2019 fällt auf, dass sie bei allen fünf betrachteten Eissorten stärker gestiegen sind, als der Durchschnitt der Verbraucherpreise. Die Löhne wiederum konnten bei den meisten Sorten nicht mit den Eispreisen schritthalten.
Als Gründe für diese überdurchschnittliche Teuerung sieht ein Experte vor allem vergleichsweise hohe Kosten durch die Kleinteiligkeit der Portionen und den aufwendigen Verkauf am Kiosk. Das würde auch erklären, warum sich die Preise für im Supermarkt verkauftes Speiseeis in Literbehältern anders entwickelt haben.
"Bei den großen Gebinden im Laden sind die Preissteigerungen moderater, sie folgen dem Zuwachs der Lebensmittel insgesamt", sagt Christoph Schröder, Experte für Einkommenspolitik und Arbeitszeiten am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Er beruft sich dabei auf die amtliche Statistik: Während Speiseeis im Supermarkt zwischen 2010 und 2018 etwa um zehn Prozent teurer geworden sei, habe sich das Gaststätteneis um 19 Prozent verteuert. "Das entspricht etwa dem Anstieg der Nettolöhne, die in dem Zeitraum ebenfalls um etwa 20 Prozent zulegten. Wenn man zum Eis in größeren Gebinden aus der Gefriertruhe greift, hat man also sogar einen Kaufkraftgewinn."
Wie stark sich dagegen der Kauf eines einzelnen Magnum- oder Capri-Eises am Kiosk konkret auf den Geldbeutel auswirkt, wird deutlich, wenn man die Eispreise in Relation zu den Nettolöhnen setzt. Wurden 1979 in Westdeutschland je geleisteter Stunde noch umgerechnet 6,12 Euro verdient, sind es heute fast 19 Euro. Daraus kann man errechnen, wie viele Eis man pro Stunde kaufen könnte:
Trotz aller Lohnsteigerungen bleibt zu den Betrachtungszeitpunkten die Anzahl der Eis-Portionen, die sich ein Angestellter leisten kann, erstaunlich konstant. Im Fall von Capri, Nogger und Magnum ist sie zuletzt aber leicht gesunken.
Einschränkend gibt IW-Forscher Schröder zu bedenken, dass sich ein anderes Bild ergeben könne, wenn man statt der Preise von vor 40 Jahren noch ältere Preise berücksichtigen würde. "In den Siebzigerjahren haben wir mehr als eine Verdoppelung der Löhne gesehen, die Preise entwickelten sich dagegen nicht so stark." Zuvor mussten die Menschen also einen deutlich höheren Anteil ihres Einkommens aufwenden, um sich ein Eis zu leisten.
Doch auch heute hält Schröder das Eis aus dem Café oder vom Kiosk eher für Luxus: "Das ist etwas Besonderes, das ich mir manchmal gönne", sagt er. Ansonsten greife er zu Produkten aus dem Supermarkt. "Dort sind die Preise stabiler und man bekommt mehr Eis fürs Geld."