Energiekosten USA wollen Verbündete von Preisobergrenze für russisches Öl überzeugen

Die USA wollen eine Deckelung des Ölpreises durchsetzen. Der Chef der Internationalen Energieagentur unterstützt das Vorhaben – und warnt Europa vor einem harten Winter.
Ölverladehafen in Russland: Putin soll Öl nicht zu jedem Preis verkaufen können

Ölverladehafen in Russland: Putin soll Öl nicht zu jedem Preis verkaufen können

Foto: REUTERS

Die Sorge vor einer Energiekrise in Europa trübt die Konjunkturaussichten. Einerseits gibt es die Befürchtung, dass Russland die Gaslieferungen einstellt und es etwa in Deutschland zu einem Versorgungsengpass kommt. Andererseits könnte ein extrem hoher Ölpreis die wirtschaftliche Entwicklung ausbremsen.

Um zumindest den Ölpreisanstieg abzumildern, machen sich die USA für eine Obergrenze stark. Die US-Regierung will einen Ölpreisdeckel auf russische Lieferungen und warnt ansonsten vor einem massiven Preisanstieg. Der Ölpreis könnte bis auf rund 140 Dollar pro Fass klettern, sagten US-Regierungsvertreter. Am Dienstag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 104,70 Dollar. Der Preis für ein Fass der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) lag bei 101,40 Dollar.

Den US-Vorstellungen zufolge sollte es zudem Ausnahmen von Ölsanktionen gegen Russland geben, sodass Öllieferungen unterhalb der noch festzulegenden Obergrenze erlaubt wären. Das könnte demnach den Markt stabilisieren.

US-Finanzministerin Janet Yellen warb am Dienstag in Japan um Unterstützung für ihre Pläne. Die sieben führenden Industrienationen (G7) hatten bei ihrem jüngsten Treffen einen Ölpreisdeckel diskutiert  und wollen diesen prüfen. Viele Details sind aber noch unklar.

Den Vorstellungen der US-Regierung zufolge sollen Finanzdienstleistungen, Versicherungen und der Transport von Ölladungen zusammengefasst werden. Importeure sollen diese Dienstleistungen dann nur erhalten, wenn sie sich an eine Preisobergrenze für russisches Öl halten. Die Obergrenze soll zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt werden – auf einem Niveau, das Russland noch einen Anreiz für Exporte bietet, aber auch nicht zu hoch, um den Krieg in der Ukraine zu finanzieren. US-Regierungsvertretern zufolge könnten es in etwa 40 bis 60 Dollar pro Fass werden.

Allerdings gibt es im G7-Kreis auch Bedenken, weswegen es zuletzt keine Beschlüsse zu dem Thema gab. Fraglich ist, wie sinnvoll eine Obergrenze in westlichen Ländern ist, wenn starke Wirtschaftsmächte wie China und Indien nicht mitziehen.

Kommt das Schlimmste erst noch?

Fatih Birol, der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA), sagte am Rande einer Konferenz in Sydney, er kenne die mögliche Höhe einer Obergrenze nicht. Eine solche Maßnahme könne aber den Schaden für viele Volkswirtschaften begrenzen. Seine Hoffnung sei es, dass viele Länder mitzögen. »Und wenn man es verfolgt, sollte man sich nicht nur auf Rohöl fokussieren, sondern auch auf raffinierte Produkte.« Benzin und Diesel haben sich zuletzt noch stärker verteuert als Rohöl.

Zugleich warnte Birol, die europäischen Staaten stünden in den kommenden Monaten vor einer ernsten Herausforderung bei der Öl- und Gasversorgung. »Dieser Winter wird in Europa sehr, sehr schwierig werden«, prophezeite der IEA-Direktor. Die Energieversorgung sei ein großes Problem. »Das kann ernste Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben«, sagte der Chef des Interessenverbands von westlichen Industriestaaten.

Nach Birols Einschätzung hat die Welt noch nie eine so tief greifende und komplexe Energiekrise erlebt. Er befürchte, dass »wir das Schlimmste vielleicht noch nicht gesehen haben«.

Zuletzt hat sich die Sorge vor einer Energiekrise verstärkt, nachdem Russland die wichtige Gaspipeline Nord Stream 1 wegen routinemäßigen Wartungsarbeiten geschlossen hat. Seit Montagmorgen fließt kein Gas mehr durch die Leitung nach Deutschland. Es gibt die Befürchtung, dass die Pipeline nach den Arbeiten nicht wieder in Betrieb genommen wird.

Mit Blick auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern, verwies Birol auf die Bedeutung Chinas. Die Volksrepublik kontrolliere etwa 80 Prozent der weltweiten Lieferkette für Solarenergie. Nach Einschätzung des IEA-Direktors dürfte sich dieser Anteil in den kommenden Jahren erhöhen.

mmq/Reuters

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