Energiewende Bei E.on drohen Massenentlassungen

Der Stromkonzern E.on plant ein kompromissloses Spar- und Sanierungskonzept - samt Entlassungen und Standortschließungen. Auch ThyssenKrupp-Chef Hiesinger sieht die Energiewende kritisch, im SPIEGEL-Gespräch warnt er vor einer sinkenden Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie.
Hochspannungsmasten: Gigantische Herausforderung

Hochspannungsmasten: Gigantische Herausforderung

Foto: dapd

Hamburg - Die Energiewende macht dem Stromriesen E.on zu schaffen. Der Konzern betreibt Kohle- und Atomkraftwerke, in geringerem Umfang auch Ökostromprojekte. Um die Probleme wegen des Atomausstiegs zu lösen, will Unternehmenschef Johannes Teyssen nach Informationen des SPIEGEL mit einem kompromisslosen Spar- und Sanierungskonzept reagieren.

Laut einem aktuellen Vorstandsbeschluss sollen gleich drei bedeutende E.on-Standorte in Deutschland aufgegeben werden. Neben der E.on-Energiesparte in München und der E.on-Kraftwerkstochter in Hannover soll auch die in Essen ansässige Gashandelstochter E.on Ruhrgas aufgelöst werden. Sie war einst das Aushängeschild des Konzerns.

Weiter benötigte Geschäftsbereiche der Töchter sollen auf bestehende oder neu zu schaffende Gesellschaften in der Düsseldorfer Konzernzentrale übertragen werden. Ähnliche Modelle sind auch für ausländische E.on-Unternehmen geplant. Mittelfristig will Teyssen den Konzern in eine europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea, SE) mit weniger Gewerkschaftseinfluss umwandeln. Von dem Schritt wären mehrere hundert Arbeitsplätze betroffen. Schon bei der letzten Sparrunde 2009 hatte E.on in Deutschland 2000 und weltweit weitere 4000 Arbeitsplätze gestrichen.

Die Energiewende, maßgeblich von der Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima beeinflusst, setzt sich aus mehreren Vorhaben zusammen. Darunter sind der Atomausstieg, die Suche nach einem Endlager für Atommüll, eine Atomsteuer, Förderung von Ökoenergie, Bau von neuen Kraftwerken, Ausbau des Stromnetzes und Gebäudesanierung.

Viele der Maßnahmen betreffen das Kerngeschäft der Energiewirtschaft, so auch den größten deutschen Energiekonzern E.on.

Finanzmanager des Konzerns feierten Teyssens Vorhaben bei Analystentreffen in Frankfurt am Main bereits als "Befreiungsschlag". Doch die Freude könnte zu früh sein: Teyssen muss seine vorläufigen Pläne noch durch den Aufsichtsrat bringen. Geplant ist dazu eine Klausursitzung der Kontrolleure nächste Woche in Hamburg. Auf Anfrage wollte sich E.on nicht zu den umstrittenen Plänen äußern.

ThyssenKrupp klagt über Rohstoff-Spekulanten

Auch für den neuen ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger ist die Energiewende eine gigantische Herausforderung: Die von der Bundesregierung avisierten Ziele, so Hiesinger im SPIEGEL-Interview, seien von der Aufgabe vergleichbar mit den Anstrengungen bei der Wiedervereinigung. Um so unverständlicher sei es, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie nicht mit klar definierten Kriterien abgesichert worden sei. Durch die steigenden Energie- und CO2-Preise, so der ehemalige Siemens-Manager, "wird unsere Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu ausländischen Konkurrenten massiv leiden".

Hiesinger forderte in seinem ersten großen Interview nach dem Amtsantritt Anfang des Jahres deshalb "Haltepunkte", an denen das energiepolitische Konzept immer wieder überprüft werde, um Auswüchse wie etwa den "unwirtschaftlichen Zubau" von Photovoltaikanlagen in Zukunft rechtzeitig zu stoppen.

Hiesinger kündigte zudem an, ThyssenKrupp werde mit allen Mitteln gegen Spekulanten auf den Rohstoffmärkten vorgehen werde. Man brauche eine "geeignete Regulierung", um Auswüchse wie etwa beim Nickel-Handel zu verhindern. Dort hätten sich die Preise im vergangenen Jahr wegen Spekulationen zwischen 7000 und 55.000 Euro pro Tonne bewegt. ThyssenKrupp sei mit den Aufsichtsbehörden im Gespräch, um solche Auswüchse in Zukunft zu verhindern.

ulz
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten