Höchste Rate seit Euro-Einführung Teure Energie treibt Preise von Industrieprodukten

Erdgasleitung: Energiekosten setzen Industrie unter Druck
Foto: Harald Schneider / dpaDer Haupttreiber ist abermals die teure Energie: Die Preise der Hersteller in der Eurozone steigen wegen der Kostenexplosion im Energiesektor massiv. Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte kletterten im Februar um den Rekordwert von 31,4 Prozent zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte. Das ist die höchste Rate seit der Euro-Einführung vor mehr als zwei Jahrzehnten.
Allein bei Energie gab es einen kräftigen Anstieg von 87,2 Prozent. Klammert man diesen Bereich aus, zogen die Erzeugerpreise insgesamt nur um 12,2 Prozent an. Preise für die in der Produktion wichtigen Vorleistungsgüter legten um fast 21 Prozent zu. Hier machen sich zahlreiche Probleme im internationalen Handel bemerkbar, die ursprünglich auf die Pandemie zurückgingen, mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine aber noch stärker zutage treten dürften.
Die Produzentenpreise, die Hersteller für ihre Waren erhalten, gelten als Frühindikator für die Entwicklung der Inflation. In der Statistik werden die Preise ab Fabriktor geführt – also bevor die Produkte weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Sie können damit einen frühen Hinweis auf die Entwicklung der Verbraucherpreise geben.
Die Inflation im Euroraum ist weit über die Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent hinausgeschossen. Angetrieben von hohen Kosten für Öl und Gas kletterten die Verbraucherpreise im März binnen Jahresfrist um 7,5 Prozent – der höchste Wert seit Beginn der Währungsunion. Als Folge der russischen Invasion in die Ukraine dürfte der Preisauftrieb laut der EZB weiter befeuert werden.
Transportbranche warnt vor Pleitewelle
Die hohen Preise für Energie und Rohstoffe belasten nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Wirtschaft zunehmend. Die deutsche Logistikbranche warnt bereits vor einer Insolvenzwelle. »Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sind nicht mehr in der Lage, die steigenden Diesel- und Gaspreise zu stemmen«, sagte Carsten Taucke, Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA).
Die beschlossene Senkung der Mineralölsteuer für drei Monate sei ein erster richtiger Schritt, reiche aber nicht aus. »Wir brauchen Akuthilfen. Es wird ja nicht besser, sondern schlimmer«, sagte Taucke. »Um die Versorgung der Bevölkerung nicht zu gefährden, muss eine Insolvenzwelle in der Transportbranche abgewendet werden.«
Der Lobbyverband verwies auch auf Warnungen von Palettenherstellern, wonach deren Produktion eingeschränkt werden könnte, weil ihre Nagellieferanten keinen Stahl mehr aus Russland bekommen. Dann »werden wir nicht mehr auf Paletten liefern können«, sagte Taucke, der Chef des Logistikunternehmens Nagel-Group ist. Manche Produkte könnten aber nur auf diese Weise transportiert werden.
Für zusätzliche Belastungen sorge derzeit zudem der Corona-Lockdown in der chinesischen Hafenmetropole Shanghai. »Damit werden Lieferketten weltweit gestört«, sagte Taucke. Insgesamt sehen sich dem Lobbyverband BGA zufolge derzeit knapp ein Drittel der Groß- und Außenhändler direkt von Sanktionen und Gegensanktionen im Zuge des Ukrainekriegs betroffen. Neben massiv gestiegenen Energiekosten und Einkaufspreisen gehe es auch um Finanzierungs- und Versicherungsprobleme sowie Lieferausfälle zum Beispiel bei Holz, Stahl und Aluminium.