EU-Gipfel Banken sollen Boni und Dividenden streichen

Es ist ein erster Mini-Erfolg: Kurz vor dem entscheidenden Treffen am Mittwochabend haben sich die EU-Staaten darauf geeinigt, ihren Banken mehr Eigenkapital vorzuschreiben. Um an das Geld zu kommen, sollen die Institute notfalls Gehälter kürzen und auf Ausschüttungen an die Aktionäre verzichten.
Banken-Skyline in Frankfurt: Die deutschen Institute kommen wohl glimpflich davon

Banken-Skyline in Frankfurt: Die deutschen Institute kommen wohl glimpflich davon

Foto: dapd

Brüssel - Europäischen Bankmanagern und -aktionären stehen harte Zeiten bevor: Um die Finanzinstitute für die Euro-Krise zu wappnen, wollen die EU-Staaten ihnen notfalls vorschreiben, Gehaltszuschläge und Dividenden zu streichen. Das geht aus dem Entwurf der Schlusserklärung des EU-Gipfels hervor, der am Mittwochabend in Brüssel stattfindet. Mit dem gesparten Geld soll das Eigenkapital der Banken gestärkt werden.

Laut dem Dokument herrscht unter den EU-Staaten "weitgehende Übereinstimmung", dass die Banken bis Ende Juni 2012 auf eine harte Kernkapitalquote von neun Prozent kommen sollen, um sich für eine Staatspleite Griechenlands und mögliche Ausfälle anderer Euro-Länder zu rüsten.

"Die Banken sollten im Hinblick auf die Verteilung von Dividenden und Bonuszahlungen Beschränkungen unterliegen, bis das Ziel erreicht worden ist", heißt es in dem Entwurf. Die Deutsche Bank   hatte am Dienstag erklärt, sie könne sich eine Dividende leisten und das Ziel trotzdem erreichen.

Deutschlands Banken kommen wohl ohne Staatshilfe aus

Wie viel Geld die Banken insgesamt brauchen werden, steht nicht in der Erklärung. Offenbar ist noch umstritten, wie der Kapitalbedarf berechnet wird. Am Wochenende war von 100 bis 110 Milliarden Euro die Rede gewesen. Darin eingerechnet wären die 46 Milliarden Euro, die bislang schon für Kapitalspritzen an die Banken in den Rettungspaketen für Griechenland, Irland und Portugal vorgesehen sind. Etwa 50 Milliarden Euro brauchen die Banken in Frankreich, Spanien und Italien, wie der Chef der Europäischen Bankenaufsicht (EBA), Andrea Enria, den Finanzministern gesagt hatte.

Die französische Regierung bezifferte den Bedarf der heimischen Banken auf bis zu zehn Milliarden Euro. Diese Summe könnten die Geldhäuser selbst aufbringen. Bei deutschen Banken wird der Kapitalbedarf auf 5,5 Milliarden Euro veranschlagt, den sie wohl aus eigener Kraft stemmen können.

Den deutschen Banken kommt dabei die Berechnungsmethode der EBA entgegen: Wenn die Behörde den Kapitalbedarf einer Bank feststellt, berücksichtigt sie nämlich nicht nur die gefallenen Marktwerte griechischer, spanischer oder italienischer Staatsanleihen in deren Bilanzen, sondern auch die gestiegenen Werte deutscher oder britischer Anleihen. Da die deutschen Banken einen besonders hohen Anteil heimischer Bundesanleihen halten, profitieren sie davon.

In anderen europäischen Staaten hat das allerdings Widerspruch hervorgerufen. Unter Vertretern der Aufsichtsbehörden hieß es, darüber könnte auf dem Gipfel noch diskutiert werden.

Die Institute sollen zunächst versuchen, sich das Kapital selbst am Markt zu beschaffen, erst dann wären die nationalen Regierungen mit öffentlichen Hilfen gefragt. Sollten sie dazu nicht in der Lage sein, könnten sie Kredite aus dem Rettungsfonds EFSF abrufen, heißt es in dem Entwurf.

Mit der vorübergehend höheren Eigenkapitalquote wollen die EU-Länder die Banken vor Schocks in der Schuldenkrise bewahren. Doch die schärferen Vorschriften bergen auch eine Gefahr: Die Banken könnten dazu gezwungen sein, ihre Kreditvergabe einzuschränken. Darunter würde die Realwirtschaft leiden.

Keine Einigung bei Verhandlungen über Schuldenschnitt

Ins Stocken geraten sind dagegen die Verhandlungen der Euro-Staaten mit den Banken über einen Schuldenschnitt Griechenlands. Um das Land von einem Teil seiner Schuldenlast zu befreien, sollen die privaten Gläubiger auf 50 oder 60 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Den Banken ist das viel zu viel. Am Mittwochnachmittag teilte der internationale Bankenverband IIF mit, man habe einen neuen Vorschlag vorgelegt. Dabei gehe es um freiwilligen Schuldentausch privater Investoren. Genaueres wurde allerdings nicht bekannt.

Die Athener Tageszeitung "Kathimerini" berichtete, der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos plane eine Umtauschaktion für Anleihen, bei der den Banken ein Abschlag von 50 Prozent und neue Papiere mit einer Laufzeit von 30 Jahren ausgegeben werden sollen. Die neuen Anleihen sollten vom Europäischen Krisenfonds EFSF garantiert werden. Das griechische Finanzministerium bestätigte auf Anfrage den Bericht nicht.

Im Juli hatten private Banken und Versicherer einen freiwilligen Forderungsverzicht von 21 Prozent bei griechischen Staatsanleihen sowie eine Laufzeitverlängerung zugesagt.

stk/Reuters/dpa_AFX
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