Handelsstreit mit den USA EU will vorerst auf Milliarden-Strafzölle verzichten

Weil die USA den Flugzeughersteller Boeing rechtswidrig förderten, darf die Europäische Union nun Strafzölle in Milliardenhöhe verhängen. In Brüssel wünscht man sich stattdessen neue Verhandlungen.
Boeing 787 Dreamliner in der Produktion

Boeing 787 Dreamliner in der Produktion

Foto: Stephen Brashear/ Getty Images

Die EU will vorerst auf die Möglichkeit verzichten, wegen der rechtswidrigen Subventionen für den Flugzeugbauer Boeing Strafzölle auf US-Importe zu erheben. "Wir bevorzugen ganz klar eine Verhandlungslösung", sagte der für Handelspolitik zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis. Die EU werde unverzüglich Kontakt mit den USA aufnehmen, um dann über die nächsten Schritte entscheiden zu können.

Auf mögliche Strafzölle will man nur dann zurückgreifen, wenn keine Einigung zustande kommt. Wenn es keine Verhandlungslösung gebe, werde die EU gezwungen sein, ihre Interessen zu verteidigen und angemessen zu reagieren, sagte Dombrovskis.

Auch Reinhard Bütikofer, transatlantischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA, sprach sich gegen eine Einführung von Zöllen aus. "Die USA haben auf Airbus-Subventionen bezogene Strafmaßnahmen gegen die EU ergriffen, sobald sie das konnten", sagte Bütikofer, "wir Europäer sollten einen Atemzug länger Geduld haben." Stattdessen solle man gemeinsam darauf achten, dass China die Zerstrittenheit nicht ausnutze und in Zukunft "beiden die Butter vom Brot holt".

Frankreichs Wirtschaftsminister fordert Härte

Unabhängige Streitschlichter hatten entschieden, dass die EU Strafzölle auf US-Importe im Umfang von knapp vier Milliarden Dollar (3,4 Milliarden Euro) im Jahr verhängen darf. In einem ähnlich gelagerten Fall hatten Schlichter den USA wegen unerlaubter Subventionen für Airbus bereits Strafzölle auf Produkte aus der EU im Umfang von 7,5 Milliarden Dollar genehmigt. Die USA hatten danach Sonderabgaben auf Produkte aus der EU eingeführt, die heute noch gültig sind.

Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire forderte angesichts der Entscheidung einmal mehr die sofortige Rücknahme dieser Zölle. "Im gegenwärtigen Kontext benachteiligen Handelssanktionen unsere Volkswirtschaften, die sich in einer beispiellosen Krise befinden, nur noch weiter", sagte Le Maire. Solange das nicht passiere, müsste die EU das Gleichgewicht der Kräfte wiederherstellen und hart bleiben. "Die EU muss Sanktionen verhängen, sobald die WTO ihre formelle Genehmigung erteilt hat", sagte Le Maire.

Bernd Lange: "Die EU sollte nicht naiv sein"

Auch der SPD-Politiker und Chef des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange, warnte vor einem zu großen Entgegenkommen. Wenn es auch nach den Präsidentschaftswahlen kein konstruktives Engagement von amerikanischer Seite gebe, "sollte die EU nicht naiv sein", sagte Lange. Stattdessen sollte sie ihre Rechte durchsetzen, indem sie die Zölle einführt, die die WTO-Regeln der EU jetzt erlauben.

Bis es so weit ist, sollte allerdings verhandelt werden. "Ich hoffe aufrichtig, dass diese Entscheidung ein Anreiz sein wird, diese Streitigkeiten durch eine Verhandlungslösung zu beenden. Das sollte die absolute Priorität bleiben, denn in Zeiten wie diesen sollten wir mehr denn je zusammen- und nicht gegeneinander arbeiten", sagte Lange.

rai/dpa
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