Vorzeitiger Abgang EZB-Direktoriumsmitglied Lautenschläger tritt zurück

Mario Draghi ist bereits informiert: Sabine Lautenschläger, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank, räumt ihren Posten zum 31. Oktober 2019.
Sabine Lautenschläger (Archiv): Kritikerin der laxen Geldpolitik

Sabine Lautenschläger (Archiv): Kritikerin der laxen Geldpolitik

Foto: DANIEL ROLAND/ AFP

Sabine Lautenschläger scheidet zum 31. Oktober aus dem Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) aus. Die Deutsche habe den EZB-Präsidenten Mario Draghi entsprechend informiert, teilte die Notenbank mit. Lautenschläger ist seit 2014 auf ihrem Posten, zuvor hatte sie als Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank amtiert.

Zu den Gründen des Rücktritts machte die EZB zunächst keine Angaben. Auch intern soll sich Lautenschläger nach SPIEGEL-Informationen noch nicht dazu geäußert haben. Draghi dankte Lautenschläger laut Mitteilung "für ihre maßgebliche Rolle beim Aufbau und der Steuerung der europaweiten Bankenaufsicht".

Das Direktorium der EZB führt die Geschäfte der Notenbank. Ihm gehören der Präsident Draghi, Vizepräsident Luis de Guindos, Lautenschläger und drei weitere Mitglieder an.

Bereits die dritte deutsche Notenbankerin, die vorzeitig hinschmeißt

Lautenschläger gilt als Kritikerin von Draghis Anleihekäufen, deren Wiederaufnahme zuletzt im Rat der EZB für heftige Kritik gesorgt haben. Dass Lautenschläger aus persönlichem Groll gegen Draghi zurücktritt, wäre allerdings höchst ungewöhnlich vor dem Hintergrund, dass der EZB-Präsident Ende Oktober selbst die Institution verlässt.

EZB-Präsident Mario Draghi geht Ende Oktober

EZB-Präsident Mario Draghi geht Ende Oktober

Foto: Francois Lenoir/ REUTERS

Allerdings hat seine Nachfolgerin, die Französin Christine Lagarde, bereits klargemacht, am laxen geldpolitischen Kurs des Italieners festhalten zu wollen - wobei es der bisherigen Präsidentin des Internationalen Währungsfonds und früheren französischen Finanzministerin gelingen muss, die wachsenden Spannungen im Rat zu moderieren.

Lautenschläger wird an diesem Prozess nicht mehr teilhaben, das hat sie mit ihrem überraschenden Rücktritt nun entschieden. Sie ist bereits die dritte hochrangige deutsche Notenbankerin, die vorzeitig hinschmeißt - das ist europaweit einmalig. 2011 hatte Bundesbankpräsident Axel Weber aus Protest gegen die Krisenpolitik des damaligen EZB-Chefs Jean-Claude Trichet das Weite gesucht, obwohl er gute Chancen auf dessen Nachfolger hatte. 2013 war Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen überraschend zurückgetreten, aus privaten Gründen, wie es damals hieß. Die Liste der Deutschen, die vorzeitig die Währungs-Institution trotz aussichtsreicher Karriere-Chancen verlassen, wird nun von Lautenschläger verlängert.

Eine Favoritin auf ihre Nachfolge dürfte Claudia Buch sein. Sie ist schon qua Amt qualifiziert: Seit 2014 ist Buch Vizepräsidentin der Bundesbank. Davor war sie Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ("Wirtschaftsweise").

Kurz vor dem Ende der Amtszeit Draghis hatte die EZB Mitte September mit ihrer Geldpolitik noch einmal alle Register gezogen - zum Leidwesen von Sparern und Banken. Die Zentralbank erhöhte nicht nur ihre Strafzinsen für Banken, die Geld bei der Notenbank parken. Sie legte auch die Wertpapierkäufe neu auf. Ab 1. November sollen monatlich 20 Milliarden Euro in den Erwerb von Anleihen gesteckt werden. Dieser Teil des Pakets war im EZB-Rat umstritten, wie Draghi eingeräumt hatte. Ein genaues Ende der Käufe legte das Gremium nicht fest.

Ende Dezember hatte die EZB ihr gewaltiges Kaufprogramm von Staats- und Unternehmensanleihen vorerst beendet. Seit Januar fließt kein frisches EZB-Geld mehr in diesem Rahmen, Gelder aus auslaufenden Wertpapieren werden jedoch reinvestiert. Von März 2015 bis Ende 2018 steckte die EZB rund 2,6 Billionen Euro in Anleihen.

mkl/baz/dpa
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