Zinsen in der Euro-Zone
EZB-Chef Draghi verspricht dauerhaft billiges Geld
In der Euro-Zone wächst die Nervosität - und wie immer, wenn es eng wird, springt Notenbankchef Mario Draghi ein. Diesmal nutzt er ein ungewöhnliches Versprechen, um die Märkte zu beruhigen: Die Zinsen sollen dauerhaft niedrig bleiben.
Zinsen in der Euro-Zone: EZB-Chef Draghi verspricht dauerhaft billiges Geld
Foto: Arne Dedert/ dpa
Hamburg/Frankfurt am Main - Der Satz kam so überraschend, dass Mario Draghi ihn gleich dreimal wiederholen musste. "Der Rat erwartet, dass die wichtigen EZB-Zinssätze für eine längere Zeit auf dem gegenwärtigen Niveau oder darunter liegen werden", verkündete der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) bei der Pressekonferenz am Donnerstag - und gab damit ein bisher einmaliges Versprechen an die Finanzmärkte: Macht euch keine Sorgen, das Geld wird noch sehr lange Zeit billig bleiben!
Mit seiner ungewöhnlichen Zusage wollen Draghi und seine Kollegen im EZB-Rat einmal mehr die Stimmung an den Finanzmärkten beruhigen. Dort war in den vergangenen Tagen wieder die Angst um den Fortbestand der Euro-Zone aufgeflammt. Negative Meldungen hatten die Aktienkurse nach unten und die Risikozinsen für Staatsanleihen nach oben getrieben: In Portugal gefährdet eine Regierungskrise die Sparpolitik, und die Regierung in Griechenland denkt laut über einen neuen Schuldenschnitt nach.
Hinzu kam die Sorge der Anleger, die Notenbanken könnten ihre Politik des ultrabilligen Geldes in absehbarer Zeit beenden. Der Leitzins, zu dem sich Banken Geld bei der EZB leihen können, liegt auf dem rekordniedrigen Niveau von 0,5 Prozent. In den USA gibt es das Geld sogar praktisch ganz umsonst. Die Währungshüter dort hatten jedoch zuletzt angedeutet, ihren Kurs langsam zu ändern - und damit die Investoren weltweit in Unruhe versetzt. Umso gespannter wartete die Finanzwelt auf das, was EZB-Chef Draghi in Frankfurt zu sagen hatte.
Der Dax steigt um mehr als zwei Prozent
Der Italiener enttäuscht die Erwartungen nicht. Im Gegenteil: Zum ersten Mal in der Geschichte der EZB gab er einen Hinweis darauf, wie sich die Zinsen mittel- und langfristig entwickeln werden. Bislang hatte die EZB lediglich davon gesprochen, ihren expansiven Kurs so lange wie nötig fortzusetzen - typische Notenbankersprache.
Diesmal dagegen überraschende Klarheit. "Unser Ausstieg ist sehr weit entfernt", sagte Draghi. Man habe sogar intensiv über eine weitere Senkung des Leitzinses diskutiert. Insgesamt gebe es eher eine Tendenz nach unten.
Es sind Worte, die beruhigen sollen, und sie verfehlten ihre Wirkung nicht. An den Aktienmärkten schossen die Kurse nach oben. Der Dax
legte um mehr als zwei Prozent zu. Gleichzeitig sanken die Risikoaufschläge für Staatsanleihen aus Krisenländern wie Spanien oder Italien.
Draghi begründete die dauerhafte Niedrigzinspolitik mit der prekären Lage in Teilen der Euro-Zone. Das billige Geld der Zentralbank komme vielerorts noch immer nicht bei den Firmen an. "Der Kreditfluss wird schwächer und schwächer", sagte Draghi. Die schwierige Situation an den Geldmärkten berge Gefahren für die wirtschaftliche Erholung.
Kritiker sehen die größte Gefahr dagegen in der Flut des billigen Geldes, die die EZB mit ihrer Politik ausgelöst hat. Sie befürchten Spekulationsblasen - und womöglich sogar eine Inflation bei den Verbraucherpreisen. Draghi trat solchen Bedenken am Donnerstag entgegen. Man sei sich einig, dass niedrige Zinsen "ernsthafte Risiken für die Finanzstabilität" mit sich brächten, sagte der EZB-Präsident. "Derzeit sehen wir diese Risiken aber nicht."