Vetternwirtschaft Karriere in der EZB? Nur für Buddys

Platz an der Sonne: Wer in der EZB nach oben will, muss die richtigen Leute kennen
Foto: RALPH ORLOWSKI/ REUTERSAuch die Europäische Zentralbank (EZB) hat offenbar die gleichen Schwierigkeiten wie jeder Betrieb: Eine im Mai durchgeführte Mitarbeiterbefragung zeigt dem "Handelsblatt" zufolge Probleme bei Karrieremöglichkeiten und Arbeitsbelastung.
Demnach ist die Befragung, an der im Zeitraum vom 5. bis 27. Mai insgesamt 2719 Mitarbeiter teilnahmen, repräsentativ - die Zahl entspreche etwa 90 Prozent der Belegschaft.
Auf die Frage, wie man typischerweise in der EZB Karriere macht, sagten die meisten Mitarbeiter dem Bericht zufolge: indem man die "richtigen Leute" kennt (65 Prozent). Als weitere Erfolgsfaktoren würden "stark sichtbare Aufgaben" (62 Prozent) und "eine gute Beziehung zum direkten Vorgesetzten" genannt (56 Prozent). Erst an vierter Stelle nennen die Mitarbeiter Leistung als Kriterium, schreibt das "Handelsblatt", indem man "seinen Job gut macht" sagten 46 Prozent.
EZB-Präsident Draghi sieht Verbesserungspotenzial
Die Mitarbeiter seien besorgt über eine Kultur der Bevorzugung, sagte EZB-Personalratschef Carlos Bowles der Zeitung. Als Beispiel nennt er die direkte Beförderung von Mitarbeitern, statt Stellen auszuschreiben. "Wenn wir die falschen Leute befördern, beeinträchtigt das die Leistungsfähigkeit und wird zu einem Risiko", zitiert das Blatt Bowles. Die EZB beaufsichtige die großen Banken. Jeder Fehler könne eine systemische Krise auslösen und die Spareinlagen von Millionen Europäern beeinträchtigen, warnt er.
Auch EZB-Chef Mario Draghi sieht offenbar Verbesserungspotenzial, wie er laut dem Bericht in einer schriftlichen Antwort auf eine Anfrage des Europaabgeordneten Fabio De Masi (Linke) selbst einräumt.
Die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung zeigten das hohe Engagement der Belegschaft, schreibe Draghi. Die Mitarbeiter seien stolz auf die Arbeit bei der EZB und schätzten die Vergütung und Weiterbildungsmöglichkeiten. Gleichzeitig gebe es jedoch Verbesserungspotenzial etwa bei Aufstiegschancen, Arbeitsbelastung, Stress, Priorisierung und Leistungskontrolle.