EZB rechnet mit anhaltender Inflation Lagarde erwägt weitere Zinserhöhungen

»Die Inflation im Euroraum ist viel zu hoch«, räumt Christine Lagarde ein. Die EZB-Präsidentin will deshalb den Kampf gegen die explodierenden Verbraucherpreise fortführen.
Christine Lagarde: Einlagensatz inzwischen bei 1,5 Prozent

Christine Lagarde: Einlagensatz inzwischen bei 1,5 Prozent

Foto: Ints Kalnins / REUTERS

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält an ihrem Zinserhöhungskurs im Kampf gegen die hohe Inflation fest. Die EZB müsse dabei womöglich in Kauf nehmen, dass durch die Schritte die Wirtschaftsaktivität gedämpft werde, sagte Präsidentin Christine Lagarde auf dem European Banking Congress in Frankfurt am Main.

»Wir gehen davon aus, dass wir die Zinsen weiter anheben – und die Konjunkturförderung zu entziehen ist womöglich nicht ausreichend«, sagte sie. Wie weit die EZB dabei gehen werde und mit welchem Tempo, werde durch den Inflationsausblick bestimmt. Die Notenbank werde dafür sorgen, dass sich die zu hohe Inflation nicht in den Inflationserwartungen festsetzt. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter – zugleich die letzte in diesem Jahr – ist für den 15. Dezember geplant.

Die Inflation im Euroraum ist angefeuert durch den Preisschub bei Energie mittlerweile zweistellig. Im Oktober lag die Teuerung bei 10,6 Prozent – das höchste Niveau seit Gründung der Währungsunion 1999. »Wir gehen davon aus, dass wir die Zinsen weiter auf das Niveau anheben werden, das nötig ist, um sicherzustellen, dass die Inflation rechtzeitig zu unserem mittelfristigen Ziel von zwei Prozent zurückkehrt«, sagte Lagarde.

Zinsen bleiben Hauptwerkzeug der EZB

Die EZB hat im Kampf gegen den anhaltenden Inflationsschub innerhalb weniger Monate die Zinsen bereits dreimal erhöht. Im September und Oktober hatte die EZB die Schlüsselsätze sogar um jeweils besonders kräftige 0,75 Prozentpunkte nach oben gesetzt.

Dadurch liegt der Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank bekommen und der am Finanzmarkt als der wichtigste Zins gilt, inzwischen bei 1,5 Prozent. Noch im Juni hatte dieser bei minus 0,5 Prozent gelegen – was Strafzinsen für die Institute bedeutete. Mit einem Niveau von 1,5 Prozent liegt der Satz inzwischen bereits am Rand des sogenannten neutralen Zinses, der eine Volkswirtschaft weder bremst noch anfeuert. Denn die meisten Schätzungen von Ökonomen für den neutralen Zins liegen zwischen 1,5 und 2,0 Prozent. Damit dürfte nach einer erwarteten Zinserhöhung im Dezember die geldpolitische Konjunkturförderung der EZB dann gestoppt sein.

Lagarde machte in ihrer Rede zudem klar, dass die EZB auch den Abbau ihrer durch die jahrelangen Kaufprogramme angeschwollenen Anleihenbestände in Angriff nehmen wird. »Die Zinsen sind das Hauptwerkzeug für die Anpassung unserer geldpolitischen Ausrichtung und werden das auch bleiben«, sagte die Notenbankchefin. Die EZB müsse aber auch ihre anderen Instrumente anpassen und auf diese Weise die geldpolitischen Impulse durch die Zinspolitik verstärken. So sei es angemessen, die Notenbankbilanz maßvoll und in einer vorhersehbaren Weise zu normalisieren.

Im Dezember werde die EZB dazu wichtige Weichenstellungen beschließen, sagte Lagarde. Die Euro-Notenbank hat zunächst die Bondbestände aus dem älteren Anleihenkaufprogramm APP im Blick, mit dem sie in den Jahren ab 2015 die Konjunktur und die Inflation anschieben wollte. Laut EZB-Vizechef Luis de Guindos will die Notenbank im kommenden Jahr mit dem Abschmelzen beginnen. Mit den flexiblen Reinvestitionen beim Pandemie-Kaufprogramm PEPP will die EZB weiter fortfahren, wie Lagarde sagte. Für dieses Kaufprogramm stellt die EZB bislang in Aussicht, dass auslaufende Anleihen bis mindestens Ende 2024 wieder vollständig ersetzt werden

apr/Reuters
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