Ärger über rassistischen Tweet Zuckerberg geht auf Distanz zu Facebook-Großinvestor

Facebook-Chef Zuckerberg: "Sehr bestürzende" Äußerungen
Foto: AP/dpaFür Facebook ist Indien ein ebenso chancenreiches wie problematisches Terrain. Einerseits könnte der Konzern dort Millionen Menschen online und damit auch in sein Netzwerk bringen. Andererseits machen die indischen Behörden Probleme und haben einen Internetservice von Facebook dort verboten.
Offenbar aus Ärger über die entgangene Chance meldete sich Facebook-Verwaltungsrat Marc Andreessen via Twitter zu Wort. Er wetterte gegen die "wirtschaftlich selbstmörderische" Entscheidung der indischen Regierung. Das Verbot des Facebook-Dienstes sei gegen die eigene Bevölkerung gerichtet.
Dann kam es im Dialog mit einem anderen Twitter-Nutzer zum eigentlich verhängnisvollen Post. Der Nutzer warf Facebook vor, dessen Internetservice sei doch in Wahrheit "Internetkolonialismus". Andreessens Antwort: "Anti-Kolonialismus war für das indische Volk über Jahrzehnte wirtschaftlich katastrophal. Warum jetzt also damit aufhören?" Die Empörung und Wut indischer Politiker und auch Bürger folgte prompt. Denn viele verstanden Andreessens Tweet so, dass die Inder doch froh sein sollten, dass Facebook ihnen trotz Widerstands Internet bringen will.
Andreessen löschte den Tweet zwar, entschuldigte sich wortreich, versicherte seine "Bewunderung für die Menschen in Indien" und beteuerte, er sei zu 100 Prozent gegen Kolonialismus. Doch die Empörung konnte er damit nicht stoppen.
Sogar Facebook-Chef Mark Zuckerberg distanzierte sich von dem wichtigen Investoren. Er nannte Andreessens Äußerungen "sehr bestürzend" und betonte, sie entsprächen nicht den Ansichten von Facebook oder von ihm persönlich.
Andreessen gilt als Vordenker der Tech-Branche. Als junger Mann entwickelte er den ersten Browser Mosaic und den Nachfolger Netscape mit und schuf damit eine der Grundlagen des heutigen Internets. Er gehört auch dem einflussreichen Verwaltungsrat von Facebook an.
Dass diplomatisches Geschick nicht zu seinen Stärken gehört, hat Andreessen inzwischen offenbar erkannt. "Ich werde künftig alle Kommentare zu diesem Thema Menschen überlassen, die mehr Wissen und Erfahrung haben als ich", verkündete er ebenfalls via Twitter.
Der Flurschaden für Facebook in Indien dürfte aber gewaltig sein. Zum einen dürfte Andreessen mit seinen Äußerungen die Vorbehalte von Kritikern gegen den US-Konzern bestätigt haben, zum anderen dürften weitere Gespräche mit der indischen Regierung nun nicht einfacher werden.
Indische Behörden hatten Facebooks Projekt für den kostenlosen Zugang zu einigen Onlinediensten einen Riegel vorgeschoben. Die Regulierer untersagten Telekom-Anbietern grundsätzlich Ausnahmeregelungen für einzelne Services.
Kritik am Facebook-Angebot
Davon ist auch Facebooks Angebot "Free Basics" betroffen. Die Branchenaufsicht TRAI verwies auf eine strikte Umsetzung der Regeln zur sogenannten Netzneutralität, nach denen alle Daten in den Netzen gleich behandelt werden müssen. Bei Free Basics und ähnlichen Angeboten sei das aber nicht der Fall. So bietet der kostenlose Facebook-Dienst in Indien beispielsweise nur einen stark eingeschränkten Internetzugang. Neben Facebook selbst sind nur einige Bildungs-, Gesundheits- und Jobwebseiten erreichbar. Andere Webseiten lassen sich über Free Basics nicht aufrufen und wären somit benachteiligt.
Für Facebook ist das Verbot eine schmerzhafte Niederlage - der US-Konzern hatte in den vergangenen Wochen angesichts des drohenden Verbots eine massive PR-Kampagne in dem Land organisiert.
Facebook ist auf neue Internetnutzer aus Entwicklungs- und Schwellenländern angewiesen, um weiterhin schnell zu wachsen. Etwa eine Milliarde der knapp 1,3 Milliarden Inder haben noch keinen Zugang zum Internet.