Finanzmärkte Ex-Moody's-Manager nimmt Rating-Agenturen aufs Korn
Eric Kolchinsky, ehemaliger Abteilungsleiter für strukturierte Kreditpapiere bei Moody's, verschärft die Kritik an seinem früheren Arbeitgeber. "Finanzprodukte, die man gar nicht bewerten kann, bekommen schon wieder Ratings. Es gibt einfach keinen Anreiz, die Finger von einem Produkt zu lassen, mit dem man reich werden kann", sagte er dem SPIEGEL. "Das System hat sich nicht geändert", die Agenturen seien "zurück im Geschäft".
Moody's weist all seine Vorwürfe zurück: "Die Behauptungen von Herrn Kolchinsky im Hinblick auf die Qualität unserer Ratings und Fehlverhalten sind falsch. Das haben mehrere interne Untersuchungen ergeben sowie eine externe Untersuchung, mit der Herr Kolchinsky nicht kooperierte", teilte die Agentur vergangene Woche in einer Stellungnahme mit. Kolchinsky ist einer der Kronzeugen des US-Untersuchungsausschusses, der sich mit der Verantwortung der Rating-Agenturen für die globale Finanzkrise beschäftigt.
Auch Jerome Fons, 17 Jahre lang Manager bei Moody's, erklärt im Gespräch mit dem SPIEGEL: "Es war Party-Stimmung, und niemanden kümmerte, ob die Bewertungsmodelle stimmen", sagt er. "Die Haltung war: Wir haben so viel zu tun, ständig neue Geschäfte in der Pipeline, wir haben keine Zeit und keine Lust, uns um die Methodik zu kümmern." Fons ist überzeugt, dass es "keine adäquaten statistischen Methoden gibt, um Aussagen über die Sicherheit dieser Produkte zu treffen".
Scharf attackiert auch Jochen Sanio, der Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die Branche. Er befürchtet, dass die Agenturen ungeschoren bleiben: Wer seinen Ruf so gründlich ruiniere, an dem vollziehe der Markt normalerweise die Todesstrafe. Die Agenturen aber habe man davonkommen lassen, denn für sie gäbe es keinen Ersatz.