Offensive vom Marktführer Flixbus drängt in die Provinz

Busse von Flixbus in Frankfurt (Archivbild)
Foto: DPAEnde Oktober war klar, dass Flixbus die Schlacht gewonnen hat. Da stellte die Deutsche Bahn den Betrieb von Berlin Linien Bus ein. Seit der letzte finanzkräftige Konkurrent verschwunden ist, beherrscht das Münchner Start-up den Markt für Fernbusse.
André Schwämmlein hatte Flixbus vor rund fünf Jahren mit zwei Freunden gegründet. Im Interview skizziert der 35-Jährige seine Expansionspläne im In- und Ausland, spricht über Marktdominanz und über das Verhältnis zu seinen Partnern, den Busunternehmern.
SPIEGEL: Herr Schwämmlein, wie lebt es sich denn als Monopolist?
Schwämmlein: Das weiß ich nicht, das müssen Sie Bahnchef Rüdiger Grube fragen.
SPIEGEL: Oder Sie. Immerhin hat Flixbus bei Fernbussen inzwischen eine ähnlich marktbeherrschende Stellung wie die Deutsche Bahn bei Fernzügen.
Schwämmlein: Das Ziel der Liberalisierung des Fernbusmarktes war nicht, dass es fünf Busunternehmen gibt, die sich gegenseitig fertigmachen. Vielmehr sollte der Fernbus ein attraktiver Wettbewerber zu Auto und Zug werden. Und der sind wir heute.
SPIEGEL: Sie haben Flixbus in FlixMobility umbenannt. Wollen Sie weg vom Bus?
Schwämmlein: In absehbarer Zeit werden keine grünen Züge fahren. Statt der Expansion in andere Verkehrsmittel konzentrieren wir uns auf den Ausbau des Busnetzes.

André Schwämmlein, Jahrgang 1981, ist Wirtschaftsingenieur und Chef des Fernbusunternehmens Flixbus. Das Münchner Start-up hat der gebürtige Nürnberger gemeinsam mit Daniel Krauss und Jochen Engert gegründet.
SPIEGEL: Was planen Sie?
Schwämmlein: Wir erweitern unser Netz in Deutschland, davon profitieren vor allem Klein- und Mittelstädte. Bis zum Frühjahr wollen wir rund 50 neue Städte integrieren - zusätzlich zu den 350, die schon dabei sind. Wir fahren dann sogar Orte mit wenigen Tausend Einwohnern an.
SPIEGEL: Sie sind auch im Ausland aktiv, vor allem in Italien und Frankreich. Gibt es weitere Expansionsgelüste?
Schwämmlein: Wir werden ab nächstem Jahr nicht nur in Dänemark, sondern auch in Schweden mit einem Inlandsnetz starten. Schweden ist eine besondere Herausforderung, weil es dort bereits ein Fernbusangebot gibt.
SPIEGEL: Sie haben angekündigt, dass Flixbus vom Ende des Jahres an in Deutschland profitabel sein wird. Gilt das auch für die Mittelständler, die in Ihrem Auftrag die Busse betreiben?
Schwämmlein: Ich kann die Aussage nur für unser Unternehmen treffen, weil wir nicht in die Bilanzen von 250 Busbetreibern schauen können. Aber wir wollen, dass der gesamte Markt profitabel ist. Wie viele Unternehmen das schon erreicht haben, wissen wir aktuell nicht. Aber sie sind und bleiben unsere Partner.
SPIEGEL: Inzwischen kann man bei Flixbus auch Busse samt Fahrer mieten. Dieses Chartergeschäft war bislang die Domäne der Busbetreiber. Ist das ein partnerschaftliches Vorgehen?
Schwämmlein: Wir vermitteln den Firmen Aufträge, die sie sonst nicht hätten. Findet das jeder gut? Vielleicht nicht. Aber wir sind den Mittelständlern insgesamt verpflichtet - und nicht jedem Einzelnen.
SPIEGEL: Das Problem ist doch: Sie dominieren den Markt, entsprechend bestimmen Sie die Regeln.
Schwämmlein: Es gäbe überhaupt kein Fernbusgeschäft für den Mittelstand, wenn wir nicht existierten. Die Deutsche Bahn hat ihre Busse meistens selbst betrieben - und kaum Aufträge vergeben.
SPIEGEL: Aber wie sehr kann man sich auf das verlassen, was Sie sagen? Als Sie den Anbieter Megabus übernahmen, dachten die Mitarbeiter, sie würden bei Flixbus unterkommen. Wenige Wochen später wurde der Betrieb eingestellt und allen gekündigt.
Schwämmlein: Megabus hat uns seine Plattform verkauft, um sich aus dem Markt zurückzuziehen. Wir haben nie zugesagt, das Geschäft dauerhaft weiterzuführen.
SPIEGEL: Warum sind Sie so zurückhaltend, was Ihren Umsatz angeht? Beim Bundesanzeiger, wo Sie die Bilanzen der vergangenen Jahre veröffentlichen müssten, findet man nur einen mageren Eintrag.
Schwämmlein: Wir haben kein Interesse, dass über unseren Umsatz gesprochen wird, sondern über die Anzahl der Menschen, die wir transportieren.
SPIEGEL: Allerdings gibt es eine sogenannte Publizitätspflicht. Und Ihre Zahlen sind auch deshalb interessant, weil Sie die Übernahme von Postbus bei einem Umsatz von mehr als 500 Millionen Euro hätten anmelden müssen.
Schwämmlein: Da kann ich Sie beruhigen: Wir liegen darunter.
SPIEGEL: Wann überschreiten Sie die Grenze von einer halbe Milliarde Euro Umsatz?
Schwämmlein: Das versuchen wir gerade herauszufinden. Dieses Jahr noch nicht.
SPIEGEL: Der moderne kapitalistische Dreiklang geht so: schnell ein Geschäft aufbauen, die Wettbewerber ausschalten und dann die marktbeherrschende Firma für viel Geld verkaufen. Die ersten beiden Schritte haben Sie geschafft, wann folgt der dritte?
Schwämmlein: Die richtig erfolgreichen Firmen werden nicht verkauft. Siehe Facebook und Google. Ohne uns mit denen zu vergleichen.
SPIEGEL: Beide Unternehmen sind aber an die Börse gegangen. Das heißt, die Gründer und Investoren haben Kasse gemacht.
Schwämmlein: Wir haben keine Ambitionen, Flixbus zu verkaufen oder an die Börse zu bringen. Aber für alle Ewigkeit ausschließen können wir es natürlich nicht.
SPIEGEL: Welcher Zeitraum umfasst bei Ihnen "alle Ewigkeit"?
Schwämmlein: Wir haben noch Ideen für die nächsten zehn Jahre. Und zumindest in den nächsten ein bis zwei Jahren wird nichts passieren in Sachen Börsengang.
SPIEGEL: Sie träumen davon, mit Ihrem Geschäftsmodell die ganze Welt zu erobern, also eine Art Facebook der Mobilität zu werden. Ist das eigentlich ein PR-Gag oder ernst gemeint?
Schwämmlein: Unser Fokus liegt erst einmal auf Europa. Aber wir sind überzeugt, dass unser Angebot in jedem Land funktioniert.