
Forschungsetat: Die Top Ten der deutschen Firmen
Forschungsausgaben Firmen aus Deutschland sind besonders innovativ
Hamburg - Umsatz runter, Forschungsausgaben rauf - so lässt sich das erstaunliche Ergebnis einer Studie der Unternehmensberatung Booz & Company zusammenfassen. Obwohl 65 Prozent der weltweiten Top-1000-Innovatoren im vergangenen Jahr deutliche Umsatzrückgänge verbuchten und 32 Prozent sogar Verluste schrieben, erhöhten mehr als zwei Drittel ihre Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Das Plus falle zwar deutlich niedriger aus als 2007, nähere sich aber dem Fünfjahresdurchschnitt.
Booz & Company analysiert jährlich die Entwicklungsbudgets und -strategien der 1000 Unternehmen mit den weltweit höchsten Ausgaben in diesem Bereich. Diese 1000 Firmen sind laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für mehr als die Hälfte der gesamten Forschungsausgaben weltweit verantwortlich. Die Befragung fand von März bis Mai statt.
Das Erstaunliche: Obwohl gerade deutsche Firmen besonders unter der weltweiten Finanzkrise leiden, schneiden sie überraschend gut ab. "Mit einer Steigerung um neun Prozent liegen die Forschung- und Entwicklungsausgaben der deutschen Unternehmen 2008 deutlich über dem globalen Durchschnitt von 5,7 Prozent. Mit insgesamt 28,5 Milliarden Euro positioniert sich Deutschland als der führende Forschungsstandort in Europa und steht für 7,9 Prozent der weltweiten Forschung- und Entwicklungsinvestitionen von 362 Milliarden Euro", heißt es in der Studie. Im Jahr 2008 seien 49 deutsche Firmen unter den Top 1000 vertreten - fünf mehr als im Ranking vor einem Jahr. Vier deutsche Konzerne haben es sogar unter die Top 30 geschafft: Siemens (15), Volkswagen (17), Daimler (26) und BMW (28).
Deutschland ist nur bei Grundlagenforschung führend
"Dass Deutschland im europäischen Vergleich gut da steht, ist allerdings nicht den günstigen Standortbedingungen zu verdanken", sagt Stefan Eikelmann, Sprecher der deutschen Geschäftsführung von Booz & Company. "Hier hat die neue Regierung noch viele Hausaufgaben zu machen. Deutschland spielt im internationalen Vergleich allenfalls im Mittelfeld mit." Zwar sei Deutschland in der Grundlagenforschung wie zum Beispiel der Nanotechnologie führend, bei der Umsetzung der Forschung in Produktinnovationen hapere es allerdings gewaltig. Es müssten dringend mehr Investitionen in die Verbindung von Hochschulen und Forschungsorganisationen mit den Unternehmen getätigt werden. Die führende Position in Europa - vor Frankreich, der Schweiz und Großbritannien - liege vor allem an der forschungsintensiven Industriestruktur.
Die weltweiten Top 15 bei Entwicklung und Forschung
Rang | Unternehmen | Budget* |
---|---|---|
1 | Toyota (Japan) | 9,0 Milliarden |
2 | Nokia (Finnland) | 8,7 Milliarden |
3 | Roche Holding (Schweiz) | 8,2 Milliarden |
4 | Microsoft (USA) | 8,2 Milliarden |
5 | General Motors (USA) | 8,0 Milliarden |
6 | Pfizer ((USA) | 7,9 Milliarden |
7 | Johnson Johnson (USA) | 7,6 Milliarden |
8 | Ford (USA) | 7,3 Milliarden |
9 | Novartis (Schweiz) | 7,2 Milliarden |
10 | Sanofi-Aventis (Frankreich) | 6,7 Milliarden |
11 | GlaxoSmithKline (Großbritannien) | 6,4 Milliarden |
12 | Samsung (Südkorea) | 6,4 Milliarden |
13 | IBM (USA) | 6,3 Milliarden |
14 | Intel ((USA) | 5,7 Milliarden |
15 | Siemens (Deutschland) | 5,7 Milliarden |
Laut einer Statistik von Bloomberg konzentrierten sich zwei Drittel der Forschungs- und Entwicklungsausgaben auf drei Branchen: Elektronik/Computer, Gesundheit/Pharma sowie Automobil. Gemessen an der Innovationsintensität - das Verhältnis des Innovationsetats am Umsatz - fällt die Automobilbranche jedoch mit 4,1 Prozent hinter der Gesundheitsbranche (12 Prozent) und der IT-Branche (11,4 Prozent) zurück.
Für Eikelmann ist die Automobilbranche der Beweis dafür, dass Fehlentscheidungen im Innovationsmanagement existenzbedrohende Konsequenzen haben können. "Automobilhersteller, die in den vergangenen Jahren an Kundenbedürfnissen wie verbrauchsarmen Fahrzeugen und alternativen Antriebsformen vorbei entwickelt haben, stehen heute mit dem Rücken zur Wand. Trotz einbrechender Umsätze müssen die Konzerne nun immense Forschung- und Entwicklungsinvestitionen schultern, damit sie im Technologiewettbewerb um die effizientesten Hybrid- und Elektroantriebe nicht den Anschluss verlieren." 60 Prozent der Unternehmen in der Automobilbranche mussten nach der Booz & Company Studie 2008 ihre Investitionen kürzen, unter den Top Ten waren es sogar 90 Prozent.
Schwellenländer holen auf
Nach Daten von Bloomberg machen Forschung- und Entwicklungsinvestitionen von Firmen, deren Sitz in Nordamerika, Europa oder Japan liegt, fast 94 Prozent der Gesamtinvestitionen aus. Allerdings holen Unternehmen aus Schwellenländern wie China und Brasilien auf. Ihre Wachstumsraten im Vergleich zu 2007 lägen mit 27,6 beziehungsweise 18,7 Prozent weit über dem westlichen Durchschnitt.
Auf das Siegertreppchen der "Global Innovation 1000" schaffen es laut der Studie Toyota , Nokia und Roche . Die Plätze vier bis zehn gehen an Microsoft , General Motors , Pfizer , Johnson & Johnson , Ford , Novartis und Sanofi-Aventis . Unter den Top 100 befinden sich insgesamt elf deutsche Firmen. Neben Siemens, Volkswagen, Daimler und BMW sind dies: Bayer (32), SAP (54), Continental (57), BASF (60), Merck (72), Porsche (92) und ThyssenKrupp (95).
"Die meisten deutschen Unternehmen haben in der Rezession nicht am falschen Ende gespart und konsequent an ihren Innovationsprogrammen festgehalten", sagt Eikelmann. Gute Voraussetzungen, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Denn viele Firmen sehen Rezessionen auch als Chance, Vorteile durch Forschung auszubauen und den Markt zu bereinigen.