
Fotostrecke: Ausschreitungen bei Foxconn
Foxconn Krawalle befeuern Kritik an iPhone-Hersteller
Peking - Die Fabrik ist geschlossen, vorerst. Die 79.000 Foxconn-Arbeiter in der nordchinesischen Millionenstadt Taiyuan werden fürs Erste keine Elektronikgeräte mehr für den westlichen Markt zusammenbauen. Die Polizei ermittelt, was der Grund für die gewalttätigen Auseinandersetzungen war, an denen 2000 Arbeiter beteiligt waren und die von mehr als doppelt so vielen Polizisten beendet wurden. Mehrere Menschen wurden festgenommen, 40 zum Teil offenbar schwer Verletzte in Krankenhäuser gebracht.
Die Informationen sind spärlich, gesichert scheinen bisher nur Zeit und Ort der Krawalle: Am späten Sonntagabend kam es in einem Wohnheim des Elektronikherstellers, das unter privater Leitung stehen soll, zu einem Streit. Die Auseinandersetzung habe "eine große Gruppe Zuschauer angezogen und Chaos ausgelöst", zitiert die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua einen Polizeisprecher.
Foxconn: Streit war privater Natur
Foxconn und die Polizei teilten mit, dass der Streit vermutlich nicht in Zusammenhang mit der Arbeit der Beteiligten gestanden habe. In chinesischen Internetforen hieß es dagegen, die Auseinandersetzung habe sich möglicherweise daran entzündet, dass ein Wachmann einen Mitarbeiter geschlagen habe.
Hua Kalen hält das für plausibel. Er arbeitet für die unabhängige Arbeitsschutzorganisation China Labor Research in Hongkong: "Wir haben zwar wenige Erkenntnisse über die Fabrik in Taiyuan, aber wir wissen aus anderen Foxconn-Werken, dass die Sicherheitsleute dazu tendieren, Gewalt gegen Arbeiter anzuwenden. Das gehört geradezu zur Unternehmenskultur."
Hua hält die von Usern des Twitter-ähnlichen chinesischen Mikroblogs Sina Weibo geäußerten Spekulationen über einen Streit zwischen Arbeitern aus verschiedenen Landesteilen für unwahrscheinlich: "Es gibt unter Foxconn-Arbeitern nur sehr wenig horizontale Kommunikation. Es ist sehr schwer, dort Gruppen zu bilden." Es sei den Arbeitern in der Regel nicht erlaubt, während der Arbeit miteinander zu sprechen oder einander nach der Arbeit in den Schlafsälen zu besuchen. Der Frust staue sich auf. "Wenn ein Sicherheitsmann während der Überprüfung eines Schlafsaals mit einem Arbeiter aneinandergerät, kann so eine Situation sehr schnell außer Kontrolle geraten."
Foxconn war in der Vergangenheit mehrfach wegen der Arbeitsbedingungen in seinen Werken in die Kritik geraten. Die Tochterfirma von Hon Hai Precision Industry baut unter anderem Geräte für Apple, Sony, Dell und Nokia. Für negative Schlagzeilen sorgten in der Vergangenheit die Selbstmorde mehrerer Angestellter. Nach heftigen Protesten sagten Apple und Foxconn später zu, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die Fair Labor Association (FLA) attestierte dem chinesischen Unternehmen, das mehr als eine Million Menschen beschäftigt, zuletzt Fortschritte, mahnte aber weitere Anstrengungen an.
Blogger berichten von Kampf zwischen Arbeitern und Sicherheitsleuten
Viele Mikroblogger bei Sina Weibo sehen die Schuld im aktuellen Fall bei Foxconn: "Verdammt. Es waren Arbeiter und Sicherheitsleute, die miteinander kämpften", schreibt einer. "Die Polizei kam, um den Streit zu schlichten, das machte die Arbeiter noch wütender." In dem Mikroblog wurden auch Fotos veröffentlicht, die zerbrochene Fenster, ein ausgebranntes Fahrzeug sowie Polizisten mit Helmen, Schildern und Schlagstöcken zeigen. Viele User zeigen mit Äußerungen wie "Wo Unterdrückung ist, da ist Widerstand" Verständnis für den Streit.
Grundsätzlich seien die Bemühungen des Unternehmens, die Arbeitsbedingungen der Arbeiter zu verbessern, zu begrüßen, sagt Kalen Hua von China Labor Research. Lobenswert sei zum Beispiel die Einrichtung von Beschwerde-Hotlines - in der Praxis allerdings seien diese oft nicht viel wert: Bei einem Besuch der Foxconn-Fabrik in der Stadt Tianjin zum Beispiel habe er selbst erfahren, dass Mitarbeiter der Sicherheitsdienste praktisch unbegrenzt Zugang zu den Schlafsälen der Arbeiter, ja sogar zu deren Spinden hätten. Das empfänden die Arbeiter als Verletzung ihrer Privatsphäre. "Aber sie können letztlich nichts dagegen tun. Es hilft nichts, die Hilfe-Hotline anzurufen."