Börsennotierte Unternehmen Kabinett beschließt verbindliche Frauenquote für Vorstände

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (r) und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht auf der Pressekonferenz nach der Sitzung des Bundeskabinetts
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Die von CDU, CSU und SPD geführte Bundesregierung will mit einer Quote den Anteil von Frauen in Vorständen erhöhen. Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf beschlossen, nach dem in börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als drei Vorstandsmitgliedern mindestens eines davon eine Frau sein muss.
Für Unternehmen mit einer Mehrheitsbeteiligung des Bundes gibt es noch strengere Regeln: Hier soll generell bereits bei mehr als zwei Mitgliedern in der Geschäftsführung mindestens eine Frau sein. Außerdem müssen Firmen künftig speziell begründen, wenn sie für den Vorstand, die beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstands und den Aufsichtsrat ohne Frauen planen. Eine grundsätzliche Einigung hierüber hatten Union und SPD noch im November getroffen, die Sanktionen bei Verletzung der Berichtspflichten sollen nun schärfer werden.
Einer Studie zufolge hat fast die Hälfte der börsennotierten Unternehmen (44 Prozent), für deren Vorstände die Frauenquote künftig gelten soll, derzeit keine Managerin in dem Führungsgremium. Der Auswertung der Organisation Fidar (Frauen in die Aufsichtsräte) zufolge wären 73 Konzerne betroffen, bei 32 von ihnen sitzt bislang keine weibliche Führungskraft in der Topetage.
Für Aufsichtsräte gibt es bereits eine Frauenquote: Ab einer bestimmten Größe – in der Regel ab 2000 Beschäftigten – sollen 30 Prozent der Aufsichtsratsplätze mit Frauen besetzt werden.
Bei der nun beschlossenen Regel für Vorstände handelt es sich, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf den Gesetzentwurf berichtet, um keine Quote im eigentlichen Sinne, da kein bestimmter Frauenanteil vorgeschrieben werde. Die angestrebte gleichberechtigte Teilhabe von Frauen könne durch das nun geplante Mindestbeteiligungsgebot nur erreicht werden, wenn überhaupt Frauen im Vorstand vertreten seien.
Frauenanteil bisher: 11,5 Prozent
Bei den 105 börsennotierten und zugleich paritätisch mitbestimmten Unternehmen sei der Frauenanteil in den Vorständen bis November 2020 auf 11,5 Prozent gestiegen, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Gerade bei neuen und aufstrebenden Konzernen ist es um den Frauenanteil laut einer Erhebung der US-Personalberatung Russell Reynolds jedoch besonders schlecht bestellt. »Aufsteiger in Dax und MDax ziehen sogar regelmäßig die Frauenquoten nach unten«, stellte sie im Sommer fest.
So sei mit dem Abgang der Lufthansa aus dem Dax – immerhin mit einem Frauenanteil von 17 Prozent im Vorstand – der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen nachgerückt, ohne eine einzige Frau im Vorstand. Im MDax der mittelgroßen Werte wiederum hätten von den 29 Aufsteigern der vergangenen beiden Jahre in den zweitwichtigsten deutschen Börsenindex 25 kein weibliches Vorstandsmitglied gehabt, hieß es damals.
Die nun vom Bundeskabinett beschlossene Frauenquote soll aus Sicht der beiden verantwortlichen Ministerinnen mehr Frauen in Führungspositionen bringen. »Es war nicht leicht, in der Koalition eine Einigung hinzubekommen. Wir haben das nach viel Diskussionen, nach viel Bemühen geschafft«, sagte Familienministerin Franziska Giffey (SPD). »Darauf bin ich stolz.«
Ihre Parteifreundin, Justizministerin Christine Lambrecht, sprach von einem guten Tag für all die hoch qualifizierten Frauen in Deutschland. »In Zukunft zählt die Qualifikation bei der Besetzung von Vorstandspositionen und nicht das Geschlecht.« Die Frauenquote sei auch ein wichtiges Signal für junge Frauen, sagte Lambrecht. »Wer sich gut qualifiziert, wer sich entsprechend aufstellt, bekommt auch die Chance, die ihr oder ihm zusteht.«
Nach dem Kabinettsbeschluss muss der Gesetzentwurf noch durch das parlamentarische Verfahren. Der Prozess soll laut Giffey noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden.