Insiderreport über Anwaltskanzlei im Cum-Ex-Skandal Die Akte Freshfields

ILLUSTRATION: DANIEL STOLLE / DER SPIEGEL
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Die Fahnder kamen in den frühen Morgenstunden, am 22. November holten sie Ulf Johannemann aus seiner Bad Homburger Villa, er protestierte lauthals. Ausgerechnet Johannemann, Staranwalt und eben noch Berater von Ministern und Konzernlenkern, degradiert zur Skandalfigur in einem unglaublichen Wirtschaftskrimi.
Rund acht Millionen Euro fanden die Ermittler auf seinen Konten, nur Brosamen, wenn man aufs Ganze schaut, auf das, was jener Johannemann wohl angerichtet hat, indem er offenbar Banken und Investoren half, den deutschen Steuerzahler zu erleichtern: um zehn Milliarden Euro, mindestens. Vielleicht auch 30 oder 40 Milliarden, noch weiß das niemand so genau.
Sicher ist nur: Es gilt als größter Steuerskandal in der Geschichte der Bundesrepublik, und mittendrin in diesem Sumpf steckt nicht die Mafia, sondern die einflussreichste, wichtigste Anwaltskanzlei Europas. Johannemann war ihr Steuerchef.
Die Kanzlei heißt Freshfields Bruckhaus Deringer, das klingt gewichtig und erhaben. Im Firmenlogo prangt ein Engel mit Speer, und man denkt sogleich an Männer in Nadelstreifen mit grauen Schläfen, die in dunklen Ledersesseln komplizierte Gesetzestexte studieren.
So war es wohl auch mal, früher irgendwann, bevor juristische Beratung zu einer mächtigen Industrie wurde.
Freshfields, die älteste internationale Kanzlei der Welt, ist eine Maschine, mehr Goldman Sachs als Liebling Kreuzberg: 2800 Anwälte machen 1,8 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr an 29 Standorten. Freshfields berät Siemens, das britische Verteidigungsministerium und die Regierung von Chile; die Juristen der Kanzlei sind stille Strippenzieher hinter den Kulissen der Weltwirtschaft.
Rund ein Dutzend solcher Firmen gibt es, aber Freshfields ist die größte. Sie beeinflusst, welche Unternehmen fusionieren und welche bankrottgehen, wie Finanzgesetze mitgestaltet werden und wo Kraftwerke gebaut werden. Eine Branche genauso einflussreich wie die Investmentbanken, nur weniger bekannt, verschwiegener noch. Aber manchmal ähnlich ruchlos.
Freshfields hat seine Finger in vielem drin, als fragwürdiger Aufklärer im DFB-Skandal um die Vergabe der Fußball-WM 2006, als Verteidiger von Volkswagen in der Dieselaffäre. Vor allem aber wirkte die Kanzlei über Jahre an einem System von Steuerbetrügereien mit, so dreist und arrogant, dass einem die Ohren schlackern. Es geht um Dividenden und Leerverkäufe, komplizierte Finanzgeschäfte genannt Cum-Ex, Fachlatein im wahrsten Sinne des Wortes.
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