Gazprom-Ankündigung Russland will noch weniger Erdgas durch Nord Stream 1 schicken

Der Gazprom-Konzern hat nach der jüngsten Drosselung gedroht, die Gas-Lieferungen nach Deutschland weiter zurückzufahren. Wirtschaftsminister Habeck vermutet, dass es sich um eine Taktik Russlands handelt.
Gas-Empfangstation von Nord Stream 1 in Lubmin

Gas-Empfangstation von Nord Stream 1 in Lubmin

Foto: Stefan Sauer / picture alliance / dpa

Der russische Energiekonzern Gazprom will die maximalen Gasliefermengen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland erneut reduzieren. Von Donnerstagfrüh an würden täglich nur noch maximal 67 Millionen Kubikmeter durch die Leitung gepumpt, kündigte Gazprom an.

Das russische Staatsunternehmen begründete diesen Schritt erneut mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten durch die Firma Siemens. Deshalb müsse eine weitere Gasverdichtungsanlage abgestellt werden, hieß es.

Bereits am Dienstag hatte Gazprom die Reduktion der maximalen Liefermenge auf zunächst bis zu 100 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag verkündet. Das entspricht rund 60 Prozent des bisher geplanten Tagesvolumens von 167 Millionen Kubikmeter Gas. Am Nachmittag lag der Gasfluss durch Nord Stream 1 noch im Rahmen dieser bislang jüngsten Drosselung, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Daten des Pipelinebetreibers berichtete.

Habeck: Gründe für Drosselung vorgeschoben

Die Bundesnetzagentur wies die Angaben von Gazprom, wonach Verzögerungen bei Reparaturen an einem Gasverdichteraggregat der Grund für die reduzierten Gasliefermengen seien, zurück. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sprach davon, die jüngsten Kappungen seien politisch motiviert und von Russland vorgegeben. Die von Gazprom angekündigte Drosselung der Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 sei eine »politische Entscheidung«, so der Grünenpolitiker. Das Vorgehen sei »nicht technisch begründbar«, es drohten weitere Kappungen.

Mit den aktuellen Gas-Lieferkürzungen will Russland laut Habeck Unruhe stiften. »Die Begründung der russischen Seite ist schlicht vorgeschoben. Es ist offenkundig die Strategie, zu verunsichern und die Preise hochzutreiben«, sagte er. Aktuell könnten die Mengen am Markt beschafft werden, wenn auch zu hohen Preisen. »Es wird aktuell noch eingespeichert«, sagte er. »Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet.« Man beobachte die Lage aber sehr genau und sei über die Krisenstrukturen in engem Austausch. »Die aktuelle Lage zeigt aber auch: Energiesparen ist das Gebot der Stunde. Und natürlich werden wir auch staatliche Maßnahmen ergreifen, wenn dies nötig ist.«

Für Deutschland ist Nord Stream 1 die Hauptversorgungsleitung mit russischem Gas. Zuvor war schon die Leitung Jamal-Europa nicht mehr befüllt worden. Reduziert ist auch die Durchleitung von russischem Gas durch die Ukraine, die deutlich unter Plan liegt.

Gaspreis steigt

Bereits durch die bisherigen Einschränkungen hatten sich die Energiepreise erhöht, weil insgesamt weniger Gas von Russland nach Europa fließt. Während Gazprom die Belieferung mehrerer europäischer Kunden, darunter Polen und die Niederlande, bereits komplett unterbrach, liefert Russland bislang aber noch an Deutschland. Die fertige Gaspipeline Nord Stream 2 indes ist bisher nicht in Betrieb genommen worden.

Nach der Ankündigung der weiteren Drosselung legte der Gas-Großhandelspreis kräftig zu. Am niederländischen Handelsplatz TTF kostete im Juli zu lieferndes Erdgas am Mittwochnachmittag pro Megawattstunde 108,6 Euro nach 97 Euro am Vortag. Am Montag hatte der Preis noch 83,4 Euro betragen, am Mittwoch vor einer Woche 79,4 Euro.

Der Preis schwankt allerdings regelmäßig stark. So lag er am 7. März bei 206,9 Euro. Vor einem Jahr, am 15. Juni 2021, kostete die Megawattstunde Juli-Erdgas 18,9 Euro.

apr/dpa/Reuters
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