Gebrauchtwagenplattform Berliner Start-up Auto1 plant Milliarden-Börsengang

Dieses Start-up verkauft Ihren Gebrauchten – und erwirtschaftet so Milliardenumsätze. Jetzt strebt die Berliner Fahrzeugplattform Auto1 an die Börse.
Foto: Igor Golovniov / imago images / ZUMA Press

Der Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 macht mit seinem schon lang erwarteten Börsengang Ernst. Wie das Unternehmen am Mittwoch in Berlin mitteilte, ist die Erstnotierung an der Frankfurter Börse im ersten Quartal geplant. Aus der Ausgabe neuer Aktien für den Börsengang kalkuliert Auto1 mit einem Erlös von brutto rund einer Milliarde Euro. Vom übrigbleibenden Nettobetrag sollen etwa 750 Millionen Euro in die weitere Expansion des Geschäfts gesteckt werden, der Rest soll voraussichtlich zur Rückzahlung einer bestehenden Wandelanleihe verwendet werden.

Der Börsengang von Auto1 wurde schon länger erwartet. Dabei war zuletzt von einer Bewertung von bis zu fünf Milliarden Euro für das Unternehmen die Rede. Auto1-Chef Christian Bertermann und sein Finanzchef Markus Boser wollten auf einer Telefonkonferenz diese Spekulationen nicht kommentieren. Details zum Börsengang wie etwa der angestrebte Preis je Aktie bleiben damit vorerst offen.

Bereits mehr als drei Milliarden Euro Umsatz

Die 2012 von Bertermann und Aufsichtsratsmitglied Hakan Koc gegründete Auto1 Group war in den vergangenen Jahren zügig gewachsen und ist mittlerweile in mehr als 30 Ländern tätig. 2019 verkaufte Auto1 nach eigenen Angaben mehr als 615.000 Fahrzeuge und erzielte einen Umsatz von rund 3,5 Milliarden Euro. Dabei konnte die Firma ihre Erlöse zwischen 2014 und 2019 im Schnitt jährlich nahezu verdoppeln.

Das Unternehmen betreibt nach eigenen Angaben unter der Marke Auto1 inzwischen die größte Großhandelsplattform für Gebrauchtwagen in Europa. Dabei werden die Fahrzeuge europaweit über Onlineauktionen an mehr als 60.000 gewerbliche Händler verkauft. Unter der Marke Autohero bietet die Gruppe zudem in neun europäischen Ländern Gebrauchtwagen direkt den Verbrauchern zu Festpreisen an. Autokäufern hierzulande dürfte die Firma über das stark beworbene Onlineportal »wirkaufendeinauto« bekannt sein.

Nach dem Ausbau der Geschäfte in den vergangenen Jahren sei der Börsengang nun der nächste »logische und konsequente Schritt«, sagte Unternehmenschef Bertermann. Die Firma wolle in den nächsten Jahren erheblich investieren, um die Marke Autohero und das operative Geschäft weiter auszubauen. Ambitioniertes Ziel der Berliner ist es, auch zum führenden Einzelhändler für Gebrauchtwagen in Europa zu werden.

Softbank als Großinvestor

Während der Verkauf von Neufahrzeugen in Europa zuletzt wegen der Corona-Pandemie stockte, agiert Auto1 nach eigener Einschätzung in einem wachsenden Markt: 2019 wurden in Europa laut dem Unternehmen Gebrauchtwagen mit einem Umsatzvolumen von rund 600 Milliarden Euro verkauft, und bis 2025 sei mit einem weiteren Zuwachs in der Europäischen Union (EU) von im Schnitt jährlich etwa fünf Prozent zu rechnen.

Gleichzeitig dürfte Auto1 zugutekommen, dass der europäische Gebrauchtwagenmarkt aktuell noch sehr kleinteilig ist und die nächsten Onlinekonkurrenten wie etwa Carvana und Vroom, mit denen sich das Unternehmen laut dem Management vergleicht, aus den USA kommen. Auf dem stark fragmentierten Gebrauchtwagenmarkt werde sich der Wettbewerb daher zugunsten desjenigen Marktteilnehmers auswirken, »der über die stärksten Marken und die beste Plattform verfügt«.

2018 hatte sich Softbank mit knapp einer halben Milliarde an Auto1 beteiligt, ein Vertreter der Japaner sitzt aktuell im Aufsichtsrat. Am Markt wird spekuliert, dass Softbank den Börsengang nutzen könnte, seine Beteiligung zu verringern oder zu verkaufen. Das Unternehmen hatte sich bereits in der Vergangenheit von einigen Investments getrennt, um an Geld zu kommen.

beb/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren