
Rewe-Gruppe: Spitzelverdacht gegen Supermarktkette
Geheime Kameraüberwachung bei Rewe "Moralisch und rechtlich skandalös"
Hamburg - Die Rewe-Filiale im bayerischen Osterhofen hat an jenem Abend bereits geschlossen. Gegen 21 Uhr halten zwei Fahrzeuge auf dem Parkplatz. Zwei Männer steigen aus, durch den Hintereingang betreten sie den Supermarkt. Einer der beiden steigt auf eine Leiter und entfernt mehrere Kabel. Gefilmt werden die Männer von einem Team des ZDF-Magazins "Frontal 21". Auf die Frage, was sie dort machen, geben die Männer keine Antwort.
Die Aufnahmen stammen laut ZDF vom vergangenen Wochenende. Sie sollen zeigen: Auch bei Rewe müssen Mitarbeiter mit geheimer Überwachung rechnen. Am Montag hatte ein Unternehmenssprecher bereits illegale Aufnahmen bei Märkten des Discounters Penny bestätigt. Diese hätten aber in den Jahren 2009 und 2010 stattgefunden, eine Mitarbeiterin der Revision habe "eigenmächtig und ohne Anweisung von Vorgesetzten" Detektive beauftragt. Von der Mitarbeiterin habe man sich getrennt.
"Frontal 21" zeigt in einem Beitrag am Dienstagabend, dass nach wie vor in zahlreichen Rewe- und Penny-Filialen Kameras installiert sind, von denen die Mitarbeiter nichts wissen. Das ist nicht per se illegal. Die Rewe-Gruppe teilte auf Anfrage mit, alle gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Geheime Kameraüberwachung gebe es nur bei einem konkreten Anfangsverdacht und mit Wissen des Betriebsrats.
Die Recherchen von "Frontal 21" lassen an dieser Position jedoch Zweifel aufkommen. Aktuell würden neben der Rewe-Filiale in Osterhofen mindestens drei weitere Supermärkte in Süddeutschland überwacht. Die ZDF-Autoren Christian Esser und Joe Sperling haben mit einem Detektiv gesprochen, der 2009 und 2010 Aufträge für 50 Penny-Filialen erhalten haben will. "Im Schnitt wurden zwischen sechs und zwölf Kameras pro Filiale versteckt. Die waren dann durchgehend 14 Tage in Betrieb." Alle Mitarbeiter seien dann überwacht worden, es habe nie Aufträge gegeben, eine bestimmte Person zu überwachen.
"Das kann man doch nicht machen"
Penny-Mitarbeiter wurden auch in ihrem Privatleben ausspioniert, heißt es in dem Beitrag weiter. Zum Beispiel Yusuf Ekiz, ein ehemaliger Filialleiter von Penny. Er wurde zu Hause fotografiert, es gibt Bilder von seinem Keller. Ekiz spricht von einer Frechheit: "Das kann man doch nicht machen."
Ein Rewe-Sprecher teilte mit, das Unternehmen veranlasse oder dulde "keine Observationen von Mitarbeitern und Dienstleistern in deren privaten Umfeld". Jeder Einsatz verdeckter Videoüberwachung sei gesetzeskonform und diene "ausschließlich der Aufklärung von Straftaten".
Daran äußern Experten im "Frontal 21"-Beitrag Zweifel. "Die massive Überwachung der eigenen Mitarbeiter ist moralisch und rechtlich skandalös", sagt Stefan Sell, Arbeitsmarktexperte von der Fachhochschule Koblenz. Es werde massiv in die Privatsphäre der Angestellten eingegriffen, "elementare Rechtsvorschriften werden mit Füßen getreten".
Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisiert die Vorgänge bei Rewe und Penny. "Eine solche Pauschalüberwachung ist unzulässig." Wenn alle Mitarbeiter gefilmt würden, träfe es auch Leute, die "für bestimmte Taten überhaupt nicht in Frage kommen". Eine geheime Videoüberwachung sei nur "in extremen Einzelfällen zulässig, quasi als Ultima Ratio".
"Frontal 21": ZDF, Dienstag, 21 Uhr