Gender-Pay-Gap Frauen verdienen pro Stunde im Schnitt 4,31 Euro weniger

Gemischtgeschlechtliches Team bei der Arbeit: Wer verdient wohl wie viel?
Foto: IMAGO/Fotoagentur WESTEND61 / Westend61 / IMAGOFrauen haben auch im Jahr 2022 deutlich weniger Geld pro geleisteter Arbeitsstunde erhalten als Männer. Sie verdienten durchschnittlich 20,05 Euro – und damit 4,31 Euro oder 18 Prozent weniger als Männer (24,36 Euro), wie das Statistische Bundesamt mitteilte .
Wegen einer geänderten Methodik lasse sich die Entwicklung allerdings nicht direkt mit den Vorjahren vergleichen.
Im langfristigen Vergleich sank der geschlechterspezifische Lohnabstand, der sogenannte Gender-Pay-Gap aber: Zu Beginn der Erhebung 2006 machte er noch 23 Prozent aus. In Ostdeutschland liegt der Verdienstunterschied aktuell mit sieben Prozent weit unter dem im Westen mit 19 Prozent.
»Dass Deutschland einen der größten Gender-Pay-Gaps in Europa aufweist, ist ein Armutszeugnis«, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. »Es trägt dazu bei, dass Deutschland einen Großteil seines wirtschaftlichen Potenzials ungenutzt lässt.«
Eine Diskriminierung von Frauen bei gleicher Arbeit und gleicher Leistung, eine hohe Teilzeitquote, einen geringen Anteil in Führungspositionen und eine deutlich schlechtere Bezahlung von systemrelevanten Berufen, in denen vor allem Frauen vertreten sind, seien die Hauptursachen dafür.
Kinderbetreuung als Knackpunkt
Die Lohnlücke ließe sich deutlich reduzieren, wenn Hürden und Diskriminierung für Frauen abgebaut würden. »Mögliche Maßnahmen wären die Abschaffung des Ehegattensplitting und von Minijobs, der Aufbau einer leistungsfähigen Betreuungsinfrastruktur für Kinder, die Förderung einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie und eine höhere Wertschätzung systemrelevanter Berufe«, sagte Fratzscher.
Im internationalen Vergleich – insbesondere mit manchen nordischen Ländern – hinke Deutschland hier deutlich hinterher.
Die Unterschiede sind den Angaben zufolge vor allem darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger als Männer in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird. »Zum anderen arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit, was auch mit geringeren durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten einhergeht«, schreiben die Statistiker. Mit diesen Faktoren ließen sich insgesamt 63 Prozent des Lohnunterschieds erklären.
Die verbliebenen 37 Prozent »können nicht durch die im Schätzmodell verfügbaren Merkmale erklärt werden«, hieß es. Auch bei vergleichbarer Qualifikation, Tätigkeit und Erwerbsbiografie bleibt demnach noch ein Verdienstunterschied: Dieser sogenannte bereinigte Gender-Pay-Gap wird auf sieben Prozent beziffert.
»Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Unterschiede geringer ausfallen würden, wenn weitere Informationen über lohnrelevante Einflussfaktoren für die Analyse zur Verfügung stünden – etwa Angaben zu Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Schwangerschaft, Geburt von Kindern oder Pflege von Angehörigen«, teilte das Statistische Bundesamt mit. Der bereinigte Gender-Pay-Gap sei daher »als ›Obergrenze‹ für Verdienstdiskriminierung zu verstehen«.