Germanwings-Absturz "Schwarzer Tag für die Lufthansa"

Die Lufthansa galt bislang als sehr sichere Airline, auch die Billigtochter. Nun aber ist eine Germanwings-Maschine mit 150 Menschen abgestürzt. Konzernchef Spohr zeigt sich bestürzt.
Von David Böcking und Victor Gojdka
Lufthansa-Chef Spohr: Letzter tödlicher Unfall vor mehr als 20 Jahren

Lufthansa-Chef Spohr: Letzter tödlicher Unfall vor mehr als 20 Jahren

Foto: KAI PFAFFENBACH/ REUTERS

Berlin - Eines hatte Germanwings bislang stets mit der Muttergesellschaft Lufthansa gemeinsam: eine sehr gute Sicherheitsbilanz. In den knapp 13 Jahren seit der Gründung von Germanwings kam es zu einigen Zwischenfällen, darunter die Kollision mit einem Wetterballon über England und ein bis heute ungeklärter Beinahe-Crash in Köln, nachdem beide Piloten offenbar durch giftige Dämpfe ohnmächtig geworden waren.

Unterm Strich aber stand bei Germanwings: keine Toten oder Verletzten. Bei Lufthansa wiederum liegt der letzte tödliche Unfall mehr als 20 Jahre zurück, damit kommt die Airline beim Hamburger Luftsicherheitsbewerter Jacdec weltweit auf einen sehr guten zwölften Platz.

Nun aber sind beim Absturz eines Lufthansa-Airbus 150 Menschen ums Leben gekommen. Dies sei "ein schwarzer Tag für Lufthansa", schrieb Konzernchef Carsten Spohr in einer ersten Reaktion auf Twitter.

Die Sicherheit und der darauf begründete gute Ruf waren bei der Lufthansa stets etwas, worauf man stolz war - gerade in jüngster Zeit. Denn in vielen anderen Fragen steht der Konzern unter Druck. Spohr hat der Lufthansa einen tiefgreifenden Umbruch verordnet, bei dem Billigtöchter wie Germanwings eine entscheidende Rolle spielen. Unter dem Namen Eurowings bündelt Lufthansa den gesamten Europaverkehr abseits der großen Drehkreuze und plant zudem auch eine kleinere Zahl von Langstreckenflügen.

Gegen den Umbau gibt es erhebliche Widerstände, wie in den vergangenen Tagen auch erneute Pilotenstreiks zeigten. Dabei geht es jedoch vor allem um die schlechtere Bezahlung in der neuen Billigsparte. Sicherheitsbedenken spielten keine besondere Rolle.

Zwar sind die Airbus A320-Maschinen in der Flotte von Germanwings im Schnitt 23,5 Jahre alt und damit deutlich älter als die A320 von Lufthansa, die auf 12,5 Jahre kommen. Einen Zusammenhang zwischen Alter und einem Absturz hält Jan Richter von Jacdec jedoch für unwahrscheinlich: "Unfälle entstehen in der Regel nicht wegen des Alters der Maschinen, sondern aufgrund menschlichen Versagens im Cockpit, aufgrund von Terrorismus oder unvorhergesehenen Wetterturbulenzen."

Vor allem die rigorosen Wartungsvorschriften trügen in Europa zu sicheren Flugzeugen bei, sagt Richter. So muss ein Flugzeug beispielweise beim sogenannten D-Check in etwa alle sechs bis zehn Jahre komplett durchgeprüft werden. "Im Prinzip haben sie so alle sechs Jahre ein neues Flugzeug."

Auch die vergleichsweise niedrigen Gehälter der Piloten von Billig-Airlines wie Germanwings hält Richter kaum für einen Risikofaktor. Bisweilen verdienen die Piloten der Lowcost-Anbieter ein Drittel weniger Gehalt als ihre Kollegen in den etablierten Linien. "Ein Zusammenhang zwischen Pilotengehalt und Unfallstatistik kann man aus den Daten allerdings nicht erkennen."

Erneut in den Fokus geraten könnten nun aber die Zwischenfälle mit offenbar giftigen Kabinendämpfen. Das knapp verhinderte Unglück in Köln 2010 war der dramatischste Fall, aber auch danach wurden mehrfach Flüge wegen verdächtigen Geruchs abgebrochen - zuletzt im Mai 2014.

Vorerst aber stand am Dienstag auch bei Lufthansa-Chef Spohr die Trauer im Vordergrund. "Wir sind in Gedanken bei denen, die heute Menschen, die sie lieben, verloren haben", sagte der gelernte Pilot. Er will noch heute an die Stelle des Absturzes reisen.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, ein Flugzeug müsse beim D-Check alle vier Jahre überprüft werden. Tatsächlich finden die meisten Tests nach etwa sechs bis zehn Jahren statt. Wir haben das Zitat und den Text entsprechend angepasst, nachdem der Gesprächspartner seine Angaben korrigiert hat.

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