Geschäftsberichte deutscher Konzerne Professor rügt Anglizismen-Wahn
Hamburg - Für Michael Olbrich ist die Sache klar: Die meisten der 30 deutschen Dax-Konzerne machen sich nach Ansicht des Wirtschaftsprofessors von der Universität des Saarlands strafbar. Denn in ihren Geschäftsberichten wimmelt es von Anglizismen - im Durchschnitt fand der Leiter des Instituts für Wirtschaftsprüfung 14 englische Wörter auf jeder Seite der Jahresberichte für 2009, wie die " Financial Times Deutschland" ("FTD") berichtet.
Die Firmen verstoßen in den Augen Olbrichs gegen Paragraf 244 des Handelsgesetzbuches. Der schreibt vor, dass die Jahresabschlüsse in deutscher Sprache aufzustellen seien. Für den Ökonom könnte die Vorliebe der Konzerne für das Englische auf eine Art Verschleierungstaktik zurückzuführen sein: "Der Verdacht liegt nahe, dass die Konzerne dadurch einige Dinge in den Geschäftsberichten undurchsichtig machen wollen", zitiert die "FTD" Olbrich.
Tatsächlich ist die Quote der Anglizismen in den Geschäftsberichten hoch: Die Deutsche Bank verwendete laut "FTD" insgesamt 8724-mal englische Begriffe wie "Private Clients" oder "Asset-Management" - das ergibt eine Anteil von 5,65 Prozent am Gesamttext. Damit steht das größte Bankhaus des Landes an der Spitze der Dax-Konzerne. Auch SAP und Siemens liegen in dem Ranking Olbrichs weit vorne. Am wenigsten griff der Düngemittel- und Salzkonzern K+S auf Anglizismen zurück.
Die Unternehmen bestreiten den Vorwurf der bewussten Verschleierung - und verweisen auf ihre internationale Ausrichtung. Selbst beim Musterunternehmen K+S kann man den Vorwurf nicht nachvollziehen. Die "FTD" zitiert eine Stellungnahme von E.on, wonach es bei Mitarbeitern aus 40 Ländern und einer Geschäftstätigkeit in 30 Ländern normal sei, englischsprachige Begriffe zu verwenden. Zudem seien Wörter wie "Cashflow" Standardvokabular - auch bei Anlegern.