Gleichstromtrasse Sued.Link Hier soll die neue Energieautobahn verlaufen

Hochspannungsleitungen (bei Brunsbüttel): Protest ist programmiert
Foto: Carsten Rehder/ picture alliance / dpaHamburg - Sie soll "Hauptschlagader" und "Rückgrat der Energiewende" sein, die Rede ist auch von einer "elektrischen Autobahn ohne Abfahrten". Mit nicht immer glücklichen Sprachbildern preisen die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW die Sued.Link getaufte Stromtrasse für Windenergie. Noch vor Start des eigentlichen Planungs- und Genehmigungsverfahrens haben die Konzerne nun ihre Pläne für den Verlauf der 800 Kilometer langen Gleichstrom-Höchstspannungstrasse vom Norden in den Süden Deutschlands vorgelegt, offenbar in der Hoffnung auf geringeren Widerstand aus der Bevölkerung.
"Jemand muss anfangen zu sagen, da kann es langgehen", sagte Tennet-Geschäftsführer Lex Hartman, man habe schon geschaut, "wie sieht die Natur aus, wo wohnen die Menschen". Die betroffenen Bürger entlang der Trasse von Wilster bei Hamburg über Verden an der Aller, Hannover, Hildesheim, Höxter, Warburg, Kassel und Fulda ins bayerische Grafenrheinfeld können nun selbst genau hinschauen, wie nah sie an den bis zu 70 Meter hohen Masten der Stromautobahn wohnen oder arbeiten.
Offiziell ist es nur ein Vorschlag, der nun mit den Bürgern diskutiert werden soll - und die werden die Möglichkeit wohl nutzen. In der Vergangenheit haben sich Betroffene immer wieder gegen solche Stromautobahnen gewehrt, häufig mit Erfolg. In Bayern beispielsweise gibt es gegen eine Höchstspannungstrasse bereits so massive Proteste, dass selbst die CSU-Landesregierung eine Verschiebung fordert - schließlich finden im Freistaat im März Kommunalwahlen statt.
Ein Überblick über die wichtigsten Fakten zur längsten Stromtrasse Deutschlands:
Worum geht es?
Das Stromnetz lässt sich ähnlich wie das Straßennetz einteilen: Der Strom wird quasi über Autobahnen, Bundesstraßen, Land- und Gemeindestraßen transportiert. Die Autobahnen, also die Höchstspannungsleitungen, werden von den vier Konzernen Tennet, Amprion, 50Hertz und TransnetBW betrieben. Sie speisen den Großteil des Stroms ein und verteilen ihn über lange Distanzen. Dahinter kommen mehr als achthundert Verteilnetzbetreiber - darunter viele Stadtwerke -, die den Strom über ihre kleineren Netze in der Region verteilen und bis zum Verbraucher leiten.
Welche Leitungen sind in Deutschland neu geplant?
Um Nord- und Ostdeutschland mit dem Süden zu verbinden, sollen neben Sued.Link zwei weitere große Stromtrassen mit insgesamt 2800 Kilometern Länge gebaut werden. Zusätzlich sollen im bestehenden Höchstspannungsnetz 2900 Kilometer für die je nach Wetter schwankende Ökostrom-Einspeisung optimiert werden. Insgesamt sind 36 Projekte geplant, die Kosten auf rund zehn Milliarden Euro veranschlagt - allerdings ohne Zusatzkosten für Erdverkabelungen auf einzelnen Trassenabschnitten. Insgesamt ist das deutsche Stromnetz fast 1,8 Millionen Kilometer lang, davon sind rund 35.000 Kilometer Höchstspannungsleitungen.
Warum werden überhaupt neue Trassen gebraucht?
Die Windenergie wird vor allem in Norddeutschland stark ausgebaut, die Stromverbraucher sitzen aber vor allem in Bayern und Baden-Württemberg. Weil in den kommenden Jahren zudem weitere Atomkraftwerke und - nach Wunsch der Energiekonzerne - auch Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, werden die Stromautobahnen dringend gebraucht, um die Energiewende zu ermöglichen.
Ist der Trassenverlauf schon festgelegt?
Laut Tennet soll die exakte Route erst ermittelt werden. Dem jetzt vorgestellten Trassenverlauf ging allerdings eine längere Planung voraus: Zuerst wurden zwischen Anfangs- und Endpunkt der Leitung sogenannte "Grobkorridore" von etwa 15 Kilometer Breite entwickelt. Im zweiten Schritt wurde die Route um Städte und Dörfer, Naturschutzgebiete, Industrieflächen, Schulen oder Krankenhäuser herumgelegt. Ziel der Planungen war es laut Tennet, "den größtmöglichen Abstand zu Wohngebieten zu halten", die betroffenen Bundesländer seien um Hinweise und Vorschläge gebeten worden.
Im zweiten Schritt wurde der aktuelle Trassenkorridor von bis zu einem Kilometer Breite festgelegt, in dem die Strommasten dann aufgestellt werden sollen. Betroffene Bürger lädt der Netzbetreiber ein , an der öffentlichen Antragskonferenz teilzunehmen und "sich in die Diskussion einzubringen". Die Konferenz wird im Laufe dieses Jahres stattfinden.