Googles Verkauf von Motorola Aufgekauft, ausgesaugt, abgestoßen

Google verkauft seine Handy-Sparte an Lenovo. Auf den ersten Blick macht der Suchmaschinenkonzern dabei einen Milliardenverlust. Am Ende aber könnte sich der Deal lohnen.
Google-Logo: Motorola für 2,9 Milliarden Dollar verkauft

Google-Logo: Motorola für 2,9 Milliarden Dollar verkauft

Foto: Marijan Murat/ dpa

Hamburg - "Google kauft..." - so begannen in den vergangenen Jahren viele Schlagzeilen. In seiner noch jungen Geschichte hat der Suchmaschinenkonzern bereits mehr als 100 Firmen übernommen, vom schwedischen Videokonferenzanbieter bis zum US-Hersteller von Militärrobotern. Nun aber sorgt Google zur Abwechslung mit einem Verkauf für Aufsehen: Nach nicht einmal zwei Jahren wird der US-Handy-Hersteller Motorola wieder abgestoßen, er geht an den chinesischen Computerkonzern Lenovo.

Beachtlich ist der Deal nicht nur, weil Google nach so kurzer Zeit wieder aussteigt. Mit einem Kaufpreis von 12,5 Milliarden Dollar war Motorola   auch der bislang teuerste Kauf des Unternehmens. Lenovo   zahlt nun dagegen nur 2,9 Milliarden Dollar - eine Differenz von rund neun Milliarden. Das sieht zunächst so aus, als ob sich Google gründlich verspekuliert hätte. Doch tatsächlich könnte sich das Geschäft am Ende für beide Seiten lohnen.

Google gibt damit seine Rolle als Handy-Hersteller wieder auf, die ohnehin wenig lukrativ war: Motorola hatte auch unter den neuen Besitzern Verluste gemacht, trotz neuer Modelle wie dem Moto X und dem Moto G. Künftig will sich Google wieder auf die Entwicklung des Smartphone-Betriebssystems Android konzentrieren.

Für diese Rolle dürfte das Intermezzo bei Motorola weiterhin nützlich sein. Denn Lenovo erhält nur rund 2000 von mehr als 17.000 Patenten des Handy-Herstellers. Die "große Mehrheit" bleibt laut Unternehmens-Chef Larry Page dagegen bei Google. Der Suchmaschinenkonzern kann sie also auch in Zukunft im Streit mit Konkurrenten wie Microsoft und Apple als Waffe nutzen.

Wichtige Forschungsabteilung bleibt

"Google hat bekommen, was es von Motorola wollte und brauchte: Patente, Ingenieurstalent und Einblick in Mobilfunkgeräte", sagt der Technologieanalyst Jack Gold. So verbleibt bei Google auch eine Abteilung unter Führung von Regina Dugan, Ex-Chefin der US-Militärforschungsagentur Darpa. Dort waren in den vergangenen Jahren Innovationen wie die interaktive Brille Google Glasses entstanden.

Bereits 2013 verkauft wurde dagegen die Motorola-Sparte für TV-Empfangsgeräte. Google erhielt dafür von der US-Firma Arris 2,4 Milliarden Dollar. Zudem hatte der Handy-Hersteller zum Zeitpunkt der Übernahme Cash-Reserven und Steuerguthaben im Wert von vier Milliarden Dollar, der Wert seiner Patente wurde auf 5,5 Milliarden geschätzt.

Nach Berechnungen der "New York Times"  könnte der schnelle Weiterverkauf damit insgesamt deutlich weniger verlustreich gewesen sein, als es es zunächst scheint. Genaueres dürften Anleger noch am Donnerstag erfahren: Nach Börsenschluss stellt Google dann Quartalszahlen vor. Die Anleger waren vorab optimistisch, Google  -Aktien legten nach Bekanntgabe des Verkaufs deutlich zu.

Lenovo rückt Apple auf die Pelle

Motorola wird also immer weiter filetiert, Google hat die für sich wichtigen Teile abgesaugt. Dennoch könnt der neue Eigentümer Lenovo vom verbleibenden Rest profitieren. Denn während sich der Suchmaschinenkonzern wieder auf die Softwareseite zurückzieht, festigt Lenovo mit der Übernahme von Motorola seine Rolle als Komplettanbieter. Von PCs über Tablets bis zu Smartphones haben die Chinesen alles im Programm - eine Rolle, die sonst nur Konkurrent Apple einnimmt.

In der Heimat gehört Lenovo bereits zu den Marktführern, auf dem amerikanischen Kontinent aber sucht das Unternehmen nach weiteren Expansionsmöglichkeiten. Erst vergangene Woche kündigte Lenovo den Kauf der Serversparte von IBM   an, nachdem man bereits 2005 die PC-Produktion des US-Konzerns übernommen hatte. "Wir werden von einem Akteur der Schwellenländer zum Global Player", sagt Lenovo-Chef Yang Yuanqing selbstbewusst.

Als Lenovo jedoch im Herbst vergangenen Jahres als Interessent für den Smartphone-Hersteller Blackberry aus Kanada gehandelt wurde, sollen die dortigen Behörden Sorgen um die nationale Sicherheit geäußert haben. Kaum vorstellbar ist da, dass US-Aufseher die Übernahme eines heimischen Handy-Herstellers durch ein chinesisches Unternehmen nun einfach durchwinken. Schon die Genehmigung des Motorola-Kaufs durch Google war ein halbes Jahr lang überprüft worden - und damals ging es nur um kartellrechtliche Fragen.

Mit Material von AP und AFP
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