Umstrittene Wirtschaftshilfen Von der Leyen will US-Subventionen kontern

US-Präsident Biden bekämpft die Inflation mit milliardenschweren Hilfen. Die Präsidentin der EU-Kommission hat als Antwort nun ein Maßnahmenpaket vorgestellt, das Vorfahrt für grüne Technologien vorsieht.
Ursula von der Leyen: »Das sind gute Nachrichten«

Ursula von der Leyen: »Das sind gute Nachrichten«

Foto: Frederick Florin / AFP

Die EU-Kommission will mit einem Maßnahmenbündel Europa im Wettbewerb gegen China und die USA stärken – unter anderem als Produktionsstandort für Elektroautos. Dafür sollen die Regeln für Staatshilfen gelockert, ungenutzte Mittel aus dem Corona-Hilfstopf eingesetzt, Ökoprojekte schneller genehmigt und Handelsabkommen zur Sicherung knapper Rohstoffe forciert werden.

Die Maßnahmen sind auch eine Antwort Europas auf große Subventionspakete in China und den USA. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verwies in Brüssel auf ähnliche Vorhaben in Kanada, Japan, Indien und Großbritannien. »Wir begrüßen das. Das sind gute Nachrichten.« Europa müsse aber jetzt einen ähnlichen Schritt gehen.

Die Vereinigten Staaten wollen zum Beispiel mit ihrem 370 Milliarden Dollar schweren Inflation Reduction Act ebenfalls Anreize setzen, die Produktion bestimmter Güter nach Nordamerika zu verlagern, was europäische Spitzenpolitiker und Wirtschaftsvertreter alarmiert hat.

»Ich sehe es als Ansporn für Europa, sich jetzt mächtig ins Zeug zu legen und schneller und besser bei der Förderung der grünen Technologien zu werden«, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Die Überprüfung von Staatshilfen in Brüssel sei in Ordnung. »Es darf aber nicht mehr zwei Jahre oder drei Jahre dauern. Das muss innerhalb von einem halben Jahr durchgeführt werden – längstens.«

Im Fokus sind vor allem Hersteller von Windturbinen, Solarzellen, Batterien, E-Autos und aus der Wasserstoff-Branche. Die Internationale Energieagentur schätzt, dass sich der Weltmarkt für saubere Energielösungen bis 2030 verdreifachen wird – auf dann rund 650 Milliarden Dollar. Die Zahl der Jobs in diesem Bereich sollte sich mehr als verdoppeln.

Streit über den »Souveränitätsfonds«

Problematisch für die Europäische Union ist, dass nicht jeder Staat so viel Geld dafür in die Hand nehmen kann wie etwa Deutschland oder Frankreich. Eine größere Ungleichheit könnte die Folge sein, was von der Leyen unbedingt verhindern will. Kurzfristig sollen deswegen ungenutzte Kredite aus dem Corona-Hilfsfonds angezapft und anders eingesetzt werden. Dies sei eine Brücke. Es müsse zunächst mit Mitteln gearbeitet werden, die bereits verfügbar seien. Längerfristig hält die Brüsseler Behörde einen »Souveränitätsfonds« für nötig, was Deutschland bislang aber kategorisch ablehnt.

Positive Reaktionen kamen auch aus der SPD: Der stellvertretende Fraktionschef im Bundestag, Achim Post, sprach von einem ersten richtigen Schritt. Es brauche stärkere Anreize für Zukunftsinvestitionen, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. »Wir unterstützen daher die EU-Kommission in ihrem Vorschlag, bereits vorhandene EU-Finanzmittel umzuschichten und zielgerichtet zur Förderung einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Industrie zu verwenden.«

»Die EU-Kommission hat endlich die Dringlichkeit erkannt, etwas gegen die sich verschlechternde Wettbewerbsfähigkeit Europas zu unternehmen«, teilte Fredrik Persson vom Interessenverband Business Europe mit. Mit ihrem Vorschlag zeige von der Leyen Führungsstärke, so der Lobbyist. Kritisch äußerte sich dagegen der Chef der Linkenfraktion im EU-Parlament, Martin Schirdewan: »Es fällt weit hinter das Vorhaben der Amerikaner zurück.« In den USA würden etwa mehr Vorgaben für den Klimaschutz, abgehängte Regionen und gute Arbeitsplätze an Förderungen geknüpft.

Die EU-Kommission hofft nun, dass der EU-Gipfel Ende kommender Woche die Rückendeckung der 27 EU-Mitgliedstaaten erreichen wird. In den kommenden Monaten sollen dann konkrete Gesetzespakete vorgelegt werden. Die lockeren Staatshilfen sollen bis Ende 2025 begrenzt sein.

mic/apr/dpa/Reuters
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