Finanzdienstleister Grenke räumt erneut schwere Fehler ein

Firmengründer Wolfgang Grenke (Archivbild): Systematisch zu teuer verlustträchtige Franchise-Unternehmen gekauft?
Foto: Marijan Murat / dpaDer Leasingkonzern Grenke kommt nicht zur Ruhe und muss erneut schwere Versäumnisse seiner Geschäftspolitik einräumen. Das im SDax notierte Unternehmen aus Baden-Baden steht nach Vorwürfen des britischen Investors Fraser Perring seit Monaten unter Druck. Perring wirft Grenke Betrug, Geldwäsche und Bilanzfälschung vor; gleichzeitig wettete er auf einen Absturz der Aktien. Die Grenke-Aktie kostet mit rund 30 Euro nur noch halb so viel wie vor der Veröffentlichung der Vorwürfe im September.
In der Nacht zu Freitag veröffentlichte Grenke den Zwischenstand der laufenden Sonderprüfung durch den Wirtschaftsprüfer Mazars, der von der Finanzaufsicht Bafin beauftragt worden war. Demnach kritisiert Mazars vor allem die bilanzielle Behandlung von Franchiseunternehmen, mangelnde Offenlegung von Firmen, die personell mit Grenke und seinem Gründer Wolfang Grenke verbunden sind (»Related Parties«), Mängel in der Geldwäscheprävention sowie in Teilen des Kundenkreditgeschäfts von Grenkes Banktochter – zentrale Punkte der Vorwürfe des Investors Perring.
Ist die Lebensgefährtin eine nahestehende Person?
Grenke finanziert Firmen das Ausleihen von Büromaterial oder Software gegen monatliche Raten (Leasing) und kauft ihnen, mit Abschlag, ausstehende Forderungen gegenüber Kunden ab (Factoring), um selbst das Geld einzutreiben. Firmengründer Grenke lässt sein Aufsichtsratsmandat derzeit ruhen, der für das Tagesgeschäft zuständige Manager Mark Kindermann musste bereits gehen.
Zudem hatte der von Antje Leminsky geführte Vorstand kürzlich beschlossen, Franchiseunternehmen, die bislang noch nicht von Grenke gekauft wurden, zügig zu integrieren. Dass das nicht schon längst passiert sei, kritisieren nun auch die Prüfer von Mazars.
Insbesondere für Wolfgang Grenke gravierender ist, dass Mazars auch bemängelt, dass die Lebensgefährtin des Gründers, Corina Stingaciu, »im Konzernrechnungswesen nicht als nahestehende Person (»Related Party«) identifiziert wurde – obwohl die Beziehung zu Wolfgang Grenke innerhalb des Konzerns bekannt gewesen sei«.
Perring glaubt, dass Grenke in der Vergangenheit systematisch zu teuer verlustträchtige Franchiseunternehmen gekauft hat, deren Eigentümer Grenke eng verbunden sind. Grenke habe die Firmen zu überhöhten Werten in die Konzernbilanz geschrieben und so seine Gewinne aufgebläht.
Tatsächlich übernahm Grenke im Ausland Firmen, die Ex-Mitarbeiter gemeinsam mit der CTP Handels- und Beteiligungs GmbH gegründet hatten. Die CTP gehört über Umwege seit Januar 2020 Wolfgang Grenke, unklar ist aber, wer zuvor dahinterstand und von den teuren Übernahmen profitierte; der Finanzkonzern selbst gibt an, es nicht zu wissen.
Immerhin, so Grenke, habe Mazars bestätigt, dass die Kaufpreise für übernommene Franchiseunternehmen »trotz methodischer Defizite im Einzelfall vertretbar« seien. Die Kaufpreise seien nicht systematisch überhöht gewesen. Kritisch sieht Mazars dagegen die Rendite der CTP sowie der übrigen Finanzinvestoren; sie sei überhöht. Ob das bedeutet, dass sich Wolfgang Grenke und seine Freunde auf Kosten des Konzerns bereichert haben, bleibt damit offen; ausgeräumt ist der Vorwurf jedenfalls nicht.
Dubiose Kreditvergabe kritisiert
Die Mazars-Prüfer kritisieren zudem die dubiose Vergabe von Krediten in Höhe von 37 Millionen Euro an kleine und mittlere Unternehmen, bei denen entweder keine oder keine ausreichenden Sicherheiten gewährt wurden oder die Kreditwürdigkeit nicht ausreichend überprüft wurde. »Mazars stuft die Mängel als schwerwiegend ein«, heißt es im Zwischenbericht weiter. Das gelte auch für die Geldwäscheprävention der Bank, die nach Einschätzung von Mazars die gesetzlichen Regeln nicht voll erfüllt. Anhaltspunkte für systematische und aktive Geldwäsche der Banktochter gebe es aber nicht. Grenke will seine Geldwäscheprävention professionalisieren.
Dass Mazars überdies schwere Mängel in Grenkes internem Kontrollsystem, der internen Revision und der Compliance festgestellt hat, kommt nicht mehr allzu überraschend – das hatte bereits die Bafin kritisiert, woraufhin sich der Konzern von Vorstand Kindermann trennte.
Wegen der Sonderprüfungen werde das Geschäftsergebnis erst im zweiten Quartal feststehen, teilte Grenke weiter mit. Das Unternehmen erwartet ein Nachsteuerergebnis im oberen zweistelligen Millionenbereich, die Eigenkapitalquote betrug per Ultimo 2020 rund 16 Prozent. Am Vormittag will Vorstandschefin Leminsky in einer Telefonkonferenz Stellung nehmen zum Mazars-Zwischenbericht. Dann wird sie sich auch den offenen Fragen stellen müssen.
Anmerkung der Redaktion: Grenke ist nur noch im SDax und nicht mehr im MDax gelistet, Siemens Energy hatte das Unternehmen Ende 2020 aus dem Index verdrängt. Wir haben die Passage angepasst.