Griechische Schulden Hedgefonds wollen Menschenrecht auf Rendite einklagen

Griechenland erstickt unter seinen Schulden, nun sollen die Gläubiger auf einen großen Teil ihres Geldes verzichten. Doch mächtige Hedgefonds wehren sich: Sollten sie Verluste machen, wollen sie laut "New York Times" vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen.
Börse in New York: Gibt es ein Menschenrecht auf Rendite?

Börse in New York: Gibt es ein Menschenrecht auf Rendite?

Foto: dapd

London - Hedgefonds sind nicht zimperlich, wenn es darum geht, eine ordentliche Rendite einzustreichen - jetzt versuchen sie eine neue Taktik, mit der sie die letzten Sympathien verspielen könnten. Sollte Griechenland den Fonds seine Schulden nicht zurückzahlen, wollen sie das Land vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagen, berichtet die "New York Times".

Die Zeitung beruft sich auf Gespräche der Hedgefonds mit ihren Rechtsanwälten. Demnach erwägen die Hedgefonds, in Straßburg zu klagen, sollte Athen die Vertragsbedingungen seiner Staatsanleihen ändern - ein nicht unwahrscheinlicher Schritt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Klage angenommen wird, sei groß, schreibt die "NYT" unter Berufung auf Rechtsexperten. Denn ein auf diese Art erzwungener Schuldenschnitt sei ein Eingriff in das Eigentumsrecht der Hedgefonds - und das gilt in der EU als Menschenrecht.

Die Zeitung zitiert einen der Investoren mit den Worten: "Es kann nicht sein, dass Angela Merkel darüber entscheidet, wer Verluste erleidet. Europa vergisst gerade, dass es Verträge respektieren muss."

Verhandlungen in kritischer Phase

Der Schuldenschnitt bei den privaten Gläubigern Griechenlands ist in einer kritischen Phase: Einigt sich Athen mit den Investoren nicht schnell auf einen Forderungsverzicht, wird die nächste Tranche des Rettungspakets von 130 Milliarden Euro nicht ausgezahlt. Griechenland wäre spätestens im März pleite. Derzeit verhandelt der Internationale Bankenverband (IIF) mit der griechischen Regierung über die Höhe des Schuldenschnitts - vermutlich müssen die Gläubiger auf 50 bis 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten.

Griechenlands Regierungschef Loukas Papademos hatte am Mittwoch gedroht, die Gläubiger per Gesetz zum Schuldenschnitt zu zwingen. Sollten sich die privaten Gläubiger, also Banken, Versicherungen und Hedgefonds auf keinen Deal einlassen, könnte Athen seine Staatsanleihen auch im Nachhinein mit sogenannten "collective action clauses", also Umschuldungsklauseln, ausstatten. Damit könnten alle Gläubiger zu einem Schuldenschnitt gezwungen werden. Wie die "NYT" berichtet, könnte Athen diesen Schritt schon in der kommenden Woche machen.

Hedgefonds haben Prozesse in Lateinamerika gewonnen

Diese rückwirkende Änderung könnte den Hedgefonds den Weg vor den Menschenrechtsgerichtshof ebnen - auch wenn ihn nicht alle einschlagen dürften. Ein solches Verfahren würde Jahre dauern, zumal die Hedgefonds zuerst alle Instanzen in Griechenland durchlaufen müssten, bevor sie nach Straßburg ziehen könnten. Mit ihren fast unbegrenzten finanziellen Mitteln könnten einige der Großspekulanten diesen Weg aber einschlagen, laut "NYT" haben Hedgefonds bereits ähnliche Prozesse in Lateinamerika gewonnen.

Am heutigen Donnerstag gehen die Verhandlungen in die entscheidende Runde: Der Chef des IIF, Charles Dallara, soll sich erneut mit Ministerpräsident Loukas Papademos treffen. Gestern Abend hatte Dallara mit dem Finanzminister Evangelos Venizelos und dem Regierungschef verhandelt, griechischen Medien zufolge sind die Verhandlungen hart gewesen, befinden sich aber kurz vor einem Abschluss. Das größte Problem war bisher der Zinssatz der neuen Anleihen, die nach einer Einigung die alten ersetzen sollen. Hier ist nun von einem Zinssatz im Durchschnitt von vier Prozent die Rede. Die Laufzeit solle 30 Jahre betragen.

In Athen setzen unterdessen Vertreter der sogenannten Troika aus EU, EZB und IWF die Prüfung der Bücher fort. Ohne ihr grünes Licht kann Athen nicht auf weitere Finanzspritzen hoffen. Mit Ergebnissen wird in der nächsten Woche gerechnet. Die Experten prüfen in regelmäßigen Abständen, welche Fortschritte Athen bei der Umsetzung der Auflagen für die internationalen Kredithilfen gemacht hat. Davon hängt die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem Hilfspaket ab.

nck/dpa-afx
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