Großbritannien E.on und RWE prüfen Stopp von AKW-Neubau
Hamburg - Erst Deutschland, jetzt Großbritannien: Nach dem Atomausstieg in der Bundesrepublik müssen RWE und E.on möglicherweise auch internationale Kraftwerksprojekte auf Eis legen. Nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" rücken die Energiekonzerne vom geplanten Neubau von Atommeilern in Großbritannien ab.
Es werde immer unwahrscheinlicher, dass die Neubauten des Gemeinschaftsunternehmens Horizon Nuclear Power wie geplant realisiert würden, verlautete aus beiden Konzernen. Die Investitionen komme schlicht zu teuer, sagten mit dem Projekt vertraute Manager der Zeitung.
Wegen fehlender Einnahmen nach dem beschleunigten Atomausstieg wollen die Konzerne ihre Schulden mit dem Verkauf von Unternehmensteilen reduzieren. Milliardeninvestitionen wie im Fall Horizon, die sich erst in vielen Jahren auszahlten, seien den eigenen Investoren derzeit kaum noch zu vermitteln.
Die Kraftwerksneubauten galten bislang als Paradeprojekte für die geplante Internationalisierung der deutsche Versorger und als Möglichkeit, den Atomanteil am Energiemix trotz des deutschen Ausstiegs hochzuhalten. RWE und E.ON hatten sich schon 2009 zwei Standorte für die Kraftwerke gesichert und dafür einen dreistelligen Millionenbetrag investiert.
Nach den ursprünglichen Planungen wollten RWE und E.on mit dem Gemeinschaftsunternehmen Horizon Nuclear Power in Großbritannien bis 2025 fünf bis sechs neue Reaktoren bauen und dafür bis zu 17 Milliarden Euro investieren. Die erste Anlage sollte bereits bis 2020 in Betrieb gehen.
Die Konzerne kommentierten den Bericht auf Anfrage nicht. Ein E.on-Sprecher sagte, es gebe bislang "keine Veränderung des Planungsstandes". RWE verwies auf eine ausstehende Entscheidung der britischen Regierung zu dem Deal; bis dahin gebe es keinen Entscheidungsbedarf.
EnBW prüft Teilverkauf von Netztochter
Auch Deutschlands Energiekonzern Nummer drei muss wegen des Atomausstiegs sparen. Laut "Financial Times Deutschland" prüft EnBW einen Verkauf von Anteilen seines Hochspannungsnetzes. "Wir überlegen, uns zu öffnen, was das Thema Netze angeht", sagte Vorstandschef Hans-Peter Villis der Zeitung. Die Mehrheit der Tochter EnBW Transportnetze bleibe auf jeden Fall bei EnBW.
Kommt es zum Teilverkauf, kann er mit einem Erlös in dreistelliger Millionenhöhe rechnen. Investoren haben bisher für je Tausend Kilometer Netz etwa 100 Millionen Euro gezahlt. Das EnBW-Netz ist mit 3644 Kilometern Länge das kleinste der vier deutschen Hochspannungsnetze.
Mit EnBW gibt auch der letzte der vier großen Energiekonzerne den Anspruch auf Alleinherrschaft über seine sogenannten Strom-Autobahnen auf. E.on und Vattenfall haben ihre Hochspannungsnetze bereits komplett verkauft. RWE gibt voraussichtlich in den kommenden Tagen den Verkauf von 75 Prozent der Netztochter Amprion an eine Gruppe von Finanzinvestoren um die Commerzbank-Tochter Commerz Real bekannt.