Hambacher Forst Demo vor Privathaus von Braunkohlekritikerin

Braunkohletagebau Hambach
Foto: Federico Gambarini/ dpaDer Streit um den Hambacher Forst wird offenbar persönlich. Am Vormittag rief die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IGBCE) zu einer Demonstration in der Ortschaft Buir auf, die an den Braunkohletagebau Hambach grenzt.
Unter den Protestlern waren viele Mitarbeiter des Energiekonzerns RWE, der aufgrund des Rodungsstopps im Hambacher Wald in der vergangenen Woche einen Stellenabbau angekündigt hat. An der Demonstration nahmen rund 100 Personen teil, der Protestzug machte am Vormittag vor dem privaten Wohnhaus der Braunkohlekritikerin Antje Grothus halt.
Grothus, 54, ist Mitgründerin der Bürgerinitiative "Buirer für Buir", die sich für den Erhalt des Hambacher Waldes einsetzt. Zudem ist sie Mitglied der Kommission, die derzeit im Auftrag der Bundesregierung einen Zeitplan für den Kohleausstieg auslotet.
Demonstranten sollen gegen Fenster geklopft haben
Gegen halb elf Uhr hätten die Demonstranten vor ihrer Türe Halt gemacht, sagt Grothus. Sie hätten "Grothus raus" und "Hambi weg" skandiert und Lärm mit Trommeln und Trillerpfeifen gemacht. "Ich habe mich bedroht gefühlt", sagt Grothus, "die Leute haben Fotos von meinem Haus gemacht, von dem Kennzeichen unseres Autos, das ist übergriffig, diese Aggressivität ist unglaublich."
Teilnehmer der Demonstration sollen gegen ein Fenster geklopft haben, nach rund 15 Minuten habe sich der Protestzug wieder in Bewegung gesetzt. "Ich kann die Ängste der Beschäftigten verstehen", sagt Grothus, "aber es darf nicht sein, dass wir gegeneinander ausgespielt werden, dass ich zur Zielscheibe, zur Arbeitsplatzfeindin Nummer eins gemacht werde."
Laut der Polizei Aachen habe man gegenüber der IGBCE "nur eine Mahnwache und eine Standkundgebung" am Ortsrand bestätigt - und keine Demonstration, die sich in Bewegung setzt. "Dies war möglicherweise eine Abweichung vom Versammlungsrecht", sagt ein Sprecher.
Gewerkschaft zeigt sich überrascht
Bei der Polizei im Rhein-Erft-Kreis, die mit der Einsatzleitung betraut war, heißt es, der Marsch in die Ortschaft sei ein "spontaner Aufzug" gewesen, der "nur für einen kurzen Moment" vor dem Haus von Grothus Halt gemacht habe. Dabei sei es "zu keinen erkennbaren Straftaten" gekommen. Eine Sprecherin teilt aber auch mit, dass man durchaus Anlass sehe, "den Fall aufzuarbeiten".
Bei der Gewerkschaft ist man offenbar überrascht vom Verhalten ihrer Mitglieder. Demonstrationen vor Privathäusern halte man für "falsch", sagt ein Sprecher. "Protest muss allen Jobsorgen zum Trotz angemessen bleiben."
Grothus sagt, sie überlege nun, Personenschutz zu engagieren. Im Hinblick auf ihre Arbeit als Mitglied der sogenannten Kohlekommission sieht sie die Regierung in Berlin in der Pflicht: "Die zuständigen Bundesministerien sollten sicherstellen, dass wir Kommissionsmitglieder unsere Arbeit machen können, ohne bedroht zu werden."