- • Münster: Gericht stoppt vorläufig Rodung im Hambacher Forst
- • Kampf um Hambacher Forst: Schwarzer Tag für RWE
Demonstranten am Hambacher Forst
Foto: Michael Gottschalk/ Getty ImagesDie Atmosphäre irgendwo zwischen Demo und Festival, die Stimmung gelöst: Tausende Menschen haben am Hambacher Forst den Abschied von der Braunkohle-Energie gefordert. Zugleich feierten sie die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster, das am Freitag einen vorläufigen Rodungsstopp für das Areal verfügt hatte.
Der Energiekonzern RWE wollte in den kommenden Monaten mehr als die Hälfte des verbliebenen alten Waldes fällen, um dort Braunkohle abbauen zu können. Daraus wird nun vorerst nichts - ein Sieg für alle, die sich für den Erhalt des Waldgebietes einsetzen. Und eine Niederlage für RWE.
Entsprechend gut gelaunt waren die Demonstranten. Nach Angaben der Veranstalter nahmen 50.000 Menschen teil. "Es ist die mit Abstand größte Demo, die das Rheinische Braunkohlerevier je gesehen hat", sagte Dirk Jansen, Geschäftsführer des BUND Nordrhein-Westfalen.
Video aus dem Hambacher Forst: "Die Stimmung ist gelöst"
Die Polizei wollte keine Angaben zur Teilnehmerzahl machen. Sie zeigte anders als in den vergangenen Wochen nur zurückhaltend Präsenz. An der Demonstration beteiligten sich auch Bauern aus dem Rheinischen Tagebaurevier. Sie fuhren mit ihren Traktoren laut hupend und unter Beifall von Demonstranten an dem Protestgelände vorbei. "Energiewende! Stoppt Braunkohle" stand auf Plakaten oder "Bauern gegen Kohle".
"Hier sind wirklich Tausende unterwegs, die noch einmal ein deutliches Zeichen setzen wollen", sagte Greenpeace-Chef Martin Kaiser. Die Demonstration war von der Polizei zunächst wegen Sicherheitsbedenken verboten worden. Das Verwaltungsgericht Aachen hob das Verbot jedoch auf.
Kaiser sieht in dem Münsteraner Gerichtsentscheid "Rückenwind für die Arbeit in der Kohlekommission". Es müsse jetzt ein konsequenter Einstieg in den Ausstieg aus der Kohle beschlossen werden, sagte Kaiser, der selbst Mitglied des Gremiums ist.
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Sie wiegt gerade mal 14 Gramm und hat eines der umstrittensten Bauprojekte Deutschlands gestoppt: Wegen der Bechsteinfledermaus müssen die verbleibenden 200 Hektar Wald des Hambacher Forsts vorerst stehen bleiben, bis der Schutzstatus der Tiere endgültig geklärt ist.
Hambacher Forst: Es ist nicht das erste Mal, dass Tiere oder Pflanzen Bauprojekte lahmlegen. Hier sehen Sie einige Beispiele.
Der Juchtenkäfer
Der Juchtenkäfer hat die Deutsche Bahn wahrscheinlich mehrere Millionen Euro gekostet. Immer wieder hatte der streng geschützte Käfer die Bauarbeiten von Stuttgart 21 verzögert, weil er sich angeblich in sechs Bäume des Stuttgarter Rosenparks eingenistet hatte, die für das Bahnprojekt gefällt werden sollten.
Blick auf den geplanten Tiefbahnhof: Um überhaupt fällen zu dürfen, brauchte die Bahn die Zustimmung der EU. Die wurde im Februar auch erteilt. Ein Juchtenkäfer wurde bei den Fällarbeiten allerdings nicht gefunden. Stattdessen steckte in einem tiefen Astloch eine Flasche mit Kot der Tiere. Die Bahn geht, davon aus, dass Tierschützer sie dort deponiert hatten und die Anwesenheit des Juchtenkäfers nur vortäuschten, um die Bauarbeiten zu stoppen.
Schierlings-Wasserfenchel
Seit 17 Jahren streiten die Hamburger über die Elbvertiefung. Nun steht fest: Die Bauarbeiten sollen trotz laufender Klagen von Umweltschützern beginnen. Dabei hätte der Schierlings-Wasserfenchel das XXL-Projekt beinahe verhindert.
Die krautigen Sumpfpflanzen kommen weltweit nur noch an der unteren Elbe vor. Umweltschützer fürchteten, durch das Ausbaggern der Elbe könnten sie ganz verschwinden und klagten gegen die Elbvertiefung, bisher ohne Erfolg. Der Schierlings-Wasserfenchel steht zwar weiter unter Schutz, die Elbe wird trotzdem ausgebaggert.
Die Großtrappe
In den Neunzigern wollte die Bahn eine Schnellfahrstecke zwischen Berlin und Hannover errichten. Die führte bei Luch im Havelland allerdings durch das Brutgebiet von etwa 30 Großtrappen. Tierschützer befürchteten, die Vögel könnten durch den Lärm gestört oder beim Überqueren der Bahnstrecke getötet werden.
Zwischenzeitlich war der Bau eines sechs Kilometer langen Tunnels für etwa eine halbe Milliarde Euro im Gespräch. Letztlich schüttete die Bahn für zwölf Millionen Euro sieben Meter hohe Dämme auf. Die flugfaulen Vögel waren nun gezwungen, Schienen und Oberleitung im Flug zu überqueren.
Die Kleine Hufeisennase
Der Bau der Waldschlösschenbrücke in Dresden war jahrelang heftig umstritten.
Die schärfste Waffe der Brücken-Gegner: die Kleine Hufeisennase.
Die seltene Fledermausart sorgte im Jahr 2007 für einen dreimonatigen Baustopp. Langfristig verhindern konnte sie die Brücke jedoch nicht. Die Waldschlösschenbrücke wurde 2013 doch noch eröffnet und kostete das Elbtal den Weltkulturerbe-Titel, das hatte es zuvor noch nie gegeben. Die Begründung: Das vierspurige Bauwerk verschandele eine einmalige Kulturlandschaft.
Der Kammmolch
Der 10.000-Euro-Lurch: Eigentlich sollten durch den Lebensraum der Kammmolche in Hessen inzwischen mehrere Autobahnen führen. Doch weil der Schwanzlurch unter Schutz steht, wurde die Straßenführung der A49 (hier im Bild zu sehen) kurzerhand umgeplant.
Auf der A44 musste zudem ein vier Kilometer langer Tunnel gebaut werden, Kostenpunkt: 50 Millionen Euro. Rechnerisch ergibt das 10.000 Euro pro Lurch.
Der Wachtelkönig
Der Wachtelkönig, auch bekannt als Wiesenralle, ist in Deutschland als stark gefährdet eingestuft und hat in Teilen Hamburgs schon mehrere Bauvorhaben erschwert. In den Neunzigern sollte eine Großsiedlung für mehr als 3000 Menschen im Stadtteil Neugraben-Fischbek errichtet werden. Die letztlich deutlich kleiner konzipierte Wohngegend ist nun durch einen 800 Meter langer Wassergraben vom Naturschutzgebiet getrennt. Er soll sicherstellen, dass Hunde und Katzen die Vögel in Ruhe lassen.
Auch die Planungen der A26 im Süden Hamburgs mussten 2007 angepasst werden, um die Vögel vor Lärm zu schützen. 2014 brachten die Vögel schließlich die Pläne für den Bau eines Gewerbegebiets in Hamburg-Schnelsen durcheinander.
Der Hirschkäfer In Frankfurt am Main steht der größte Flughafen Deutschlands. Der Betreiber Fraport wollte Mitte der Zweitausender eine Wartungshalle für die großen A380-Flugzeuge bauen. Dafür sollten rund 20 Hektar Wald gerodet werden. Doch der Wald beherbergte eine große Hirschkäfer-Population.
Die Brut musste 2005 umgesiedelt werden. Laut "Hamburger Abendblatt" kostete die Aktion 70.000 Euro. Zwischen 2006 und 2010 konnten Forscher im neuen Hirschkäfer-Revier 84 erwachsene Exemplare nachweisen. Die Wartungshalle wurde Ende 2007 fertiggestellt.
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