
Marken-Prozesse: Treffen sich zwei Kühe vor Gericht
Markenstreit von Haribo und Lindt Der Fall des Bären
Köln - Dass der Goldbär so ein Streithansel ist, sieht man ihm gar nicht an: Fröhlich bunt kommt er seit eh und je daher, vor einigen Jahren zauberte ihm Haribos Chefdesignerin sogar ein Lächeln aufs Gesicht. Und dass er in einer Tüte mit Dutzenden Artgenossen einen ausgeprägten Individualismus entwickeln würde, hätte man auch nicht erwartet. Aber Nachahmer duldet der Goldbär keine - wie am Freitag wieder deutlich wurde.
Bereits zum zweiten Mal versuchte Bärenproduzent Haribo, den goldenen Bären des Schweizer Schokoladenherstellers Lindt Sprüngli aus dem Süßigkeitenregal zu verjagen. Die Bonner verweisen dabei auf ihre geschützte Wortmarke "Goldbär". Obwohl Lindt das Wort Goldbär für seinen in goldfarbenes Aluminium gewickelten Schoko-Bären gar nicht verwendet, gab das Landgericht Köln Haribo 2012 in erster Instanz Recht.
Lindt legte Berufung beim Oberlandesgericht Köln ein und bekam am Freitag Recht. Der "Lindt-Teddy" trage das Logo des Schokoproduzenten für den Verbraucher gut sichtbar auf seinem Bärenbauch und stehe zudem in der Tradition des "Goldhasen", den das Unternehmen bereits seit Jahrzehnten vertreibt, befanden die Richter.
Erledigt ist die Sache damit nicht. Schon vor der Urteilsverkündung hatten beide Unternehmen erklärt, dass sie den Bärenstreit auch in einer dritten Runde vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ausfechten werden.
Der Bärenstreit steht in einer Reihe von Rechtsstreiten, bei dem prominente Lebensmittelhersteller um Namen und Aussehen ihrer Marken kämpfen:
- 2012 wollte Dr. Oetker's "Paula" - ein mit einer sonnenbebrillten Kuh beworbener Vanillepudding mit Schokoflecken - ihre Artgenossin "Flecki" von Aldi Süd loswerden. Der Bielefelder Konzern verlor aber vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf.
- Die "Dicken Eier" von "Super Dickmanns" kamen Mitte 2013 vor Gericht, als eine Werbeagentur der Dickmanns-Mutter Storck vorwarf, sie hätte ihre Idee geklaut. Storck gewann jedoch und kann die Schaumküsse mit dem zotigen Namen weiter verkaufen.
- Auch Lindt hat nur dann ein Herz für süße Schoko-Tierchen, wenn sie aus eigener Produktion kommen: Den Goldhasen der Konkurrenz wollten die Schweizer sogar das Sitzen verbieten, verloren aber ebenfalls vor Gericht.
Mit seinem Sieg in erster Instanz war Haribo nicht nur der erste erfolgreiche Kläger in dieser Reihe. Auch inhaltlich hat Haribos Klage eine neue Qualität: Bislang kämpfte Pudding gegen Pudding, jetzt trifft Gummi auf Schokolade. "Hier klagt Haribo gegen ein Produkt, in dessen Sortiment das Unternehmen gar nicht tätig ist", sagt Frank Weiler, Professor für Markenrecht an der Universität Bielefeld.
Abwegig findet Weiler Haribos Klage dennoch nicht: "Bekannte Marken werden stärker geschützt als andere Marken." Wer wie Haribo die Marke Goldbär so bekannt gemacht hat, genießt einen größeren Schutz vor Trittbrettfahrern als die Hersteller weniger bekannter Marken.
Aus Weilers Sicht könnte ein Sieg für Haribo den Schutz für zahlreiche andere Marken erweitern. "Dann wäre klargestellt, dass Worte nicht nur mit Worten, sondern auch mit Formen verwechselt werden können", sagt der Rechtsexperte. Davon könnten vor allem Hersteller profitieren, deren Wortmarke wie Haribos Bär aus dem alltäglichen Sprachgebrauch stammt. Wer etwa seine Reinigungsmittel in eine froschförmige Flasche füllen oder Ritter aus Schokolade verkaufen will, müsste sich auf Klagen einstellen.
Bis das abschließend geklärt ist, dürften aber noch fast zwei Jahre vergehen: Lindt-Sprecherin Sylvia Kälin erwartet, dass der Bundesgerichtshof erst Ende 2015 über das Schicksal des Schokobären urteilt. Bis dahin bleiben beide Bären erst mal Seit an Seit im Supermarktregal. Vielleicht vertragen sie sich ja irgendwann doch noch.