Herabstufung durch Moody's Krisenländer zittern vor Banken-Stürmung

Spanische Bankia: Laut Presseberichten wurden mehr als eine Milliarde Euro abgehoben
Foto: SERGIO PEREZ/ REUTERSHamburg - Der letzte Weckruf kam von Moody's: Die amerikanische Rating-Agentur stufte am Donnerstagabend die Kreditwürdigkeit von gleich 16 spanischen Banken herab - teilweise um drei Stufen. Bereits am Montag hatten sich die Bonitätswächter 26 italienische Institute vorgenommen - darunter Großbanken wie Unicredit und Intesa Sanpaolo . Der Ausblick für alle Betroffenen sei negativ, hieß es.
Die Schritte sind drastisch, aber kaum übertrieben. Aus der europäischen Staatsschuldenkrise ist längst auch wieder eine Bankenkrise geworden. Das Schicksal der betroffenen Länder lässt sich nicht von dem ihrer Finanzinstitute trennen: Geht ein Staat bankrott, werden auch seine Banken nur schwer überleben. Andererseits zeigen Beispiele wie Irland oder Spanien, dass ein wackelndes Finanzsystem die nationalen Haushalte schnell überfordern kann.
So begründete Moody's die Herabstufungen in Spanien denn auch mit dem Argument, die Möglichkeit der Regierung, einzelne Banken zu stützen, habe sich verschlechtert. Am Freitag musste die spanische Zentralbank zudem mitteilen, dass der Anteil fauler Kredite in den Büchern spanischer Banken auf ein 18-Jahres-Hoch gestiegen ist. Der Anteil lag demnach im März bei 8,36 Prozent gegenüber 8,15 Prozent im Vormonat.
Spätestens seit zu Wochenbeginn durchsickerte, dass die Sparer in Griechenland an einem Tag fast eine Milliarde Euro von ihren Bankkonten abgehoben haben, geht in Europa die Angst vor dem größten anzunehmenden Unfall eines Finanzsystems um: dem sogenannten Bank-Run - einem Ansturm der Kunden, die das Vertrauen in ihre Bank verloren haben und ihre Spareinlagen zurückfordern.
Ein solcher Run wäre die letzte Stufe des Vertrauensverlusts in die Banken. Schon seit Monaten schaffen vermögende Anleger Milliarden aus den Krisenstaaten ins Ausland, weil sie Zweifel an der Stabilität des Finanzsystems ihrer Heimatländer haben. Bei den Barabhebungen der einfachen Sparer hatte es bis vor kurzem aber kaum Auffälligkeiten gegeben.
Ein Bank-Run ist so gefürchtet, weil er jede Bank der Welt in Schwierigkeiten bringen würde - selbst die gesündesten Institute. Denn es gehört zur Logik des Bankgeschäfts, dass die Institute immer nur einen kleinen Teil der Kundeneinlagen in bar zur Auszahlung bereithalten. Der Rest ist angelegt oder als Kredite an andere Kunden vergeben - das Geld soll "arbeiten", um die Zinsen zu finanzieren, die man den Sparern für ihre Einlagen verspricht.
Die Finanzmärkte rufen schon wieder nach der Europäischen Zentralbank
Mittlerweile kursieren Gerüchte, dass auch in Spanien Bürger damit begonnen haben, ihre Konten bei einigen Banken leerzuräumen. Die Zeitung "El Mundo" hatte berichtet, dass Kunden in der vergangenen Woche mehr als eine Milliarde Euro von der angeschlagenen Großsparkasse Bankia abgezogen hätten. Die Regierung in Madrid dementierte die Meldung zwar, doch die Lage bleibt angespannt. Wie die spanische Zeitung "Expansion" am Freitag berichtete, soll nun die US-Investmentbank Goldman Sachs eine unabhängige Bewertung der Problembank liefern.
Um eine Panik zu verhindern, fordern einige Finanzmarktexperten ein schnelles Eingreifen der Europäischen Zentralbank (EZB). "Setzt ein Sturm auf die Banken erst einmal ein, ist er ohne eine vertrauenswürdige Einlagensicherung nur schwer wieder zu stoppen", sagte Analyst Tristan Cooper von der Investmentfirma Fidelity. "Angesichts der höchst fragilen Lage Spaniens steht die EZB unter starkem Zugzwang einzuschreiten, um die Nerven der Einleger zu beruhigen."
Doch die Möglichkeiten der EZB sind begrenzt. Zu Jahresbeginn hat sie europäische Banken bereits langfristig mit extrem billigem Geld versorgt. Damals liehen sich die Institute in zwei Schritten insgesamt rund eine Billion Euro für drei Jahre. Nun könnte die Notenbank eine weitere Geldspritze anbieten. Allerdings gehen einigen Banken in den Krisenländern offenbar langsam die Sicherheiten aus, die sie für die Leihgeschäfte bei der EZB hinterlegen müssen. Dazu zählen vor allem Staatsanleihen - unter bestimmten Bedingungen können aber auch Unternehmenskredite eingereicht werden.
Am Mittwoch hatte die EZB bestätigt, dass einige griechische Institute mittlerweile von der Geldversorgung durch die Notenbank abgeschnitten sind. Offenbar verfügen sie nicht mehr über genügend Sicherheiten. Nun müssen sie mit Notkrediten der griechischen Zentralbank in Athen am Leben erhalten werden.
Nicht alle Experten sehen im billigen Geld der Zentralbanken eine gute Lösung: Hans-Werner Sinn glaubt sogar, dass die EZB damit die Kapitalflucht aus den Krisenländern verschärft hat. "Der billige Kredit hat das private Kapital regelrecht in die Flucht geschlagen", schreibt der Präsident des Münchner Ifo-Instituts in einer aktuellen Analyse. "Zweck der Maßnahmen der EZB war es, wieder Vertrauen zu schaffen und den Interbankenmarkt wiederherzustellen. Dabei war sie offenkundig nicht besonders erfolgreich."