Milliardenstrafe für die HSBC Quittung für den Handel mit dem Feind

Es ist die größte Geldbuße in der Bankengeschichte: Mit 1,9 Milliarden Dollar kauft sich die britische HSBC vom Vorwurf der Geldwäsche und Terrorfinanzierung frei. Doch diese Strafe steckt der Finanzkonzern locker weg - so wie die meisten Missetäter in der Londoner City günstig davonkommen.
Finanzdistrikt London: Die Geldstrafe für HSBC ist nur ein "Klaps auf den Finger"

Finanzdistrikt London: Die Geldstrafe für HSBC ist nur ein "Klaps auf den Finger"

Foto: dapd

Die Banken der Londoner City erhalten die Quittung für ihr kriminelles Handeln während des Finanzbooms - und die Geldstrafen werden immer höher. Barclays musste im Sommer für die Manipulation des Libor-Leitzinses noch 290 Millionen Dollar berappen. Standard Chartered wurde Anfang dieser Woche für den Verstoß gegen US-Sanktionen bereits zu 327 Millionen Dollar verdonnert - zusätzlich zu einer Strafe von 340 Millionen Dollar, die im Sommer verhängt worden war.

Am Dienstag nun gab das US-Justizministerium bekannt, dass man sich auch mit der dritten britischen Großbank, HSBC, geeinigt habe. 1,9 Milliarden Dollar soll das Institut an die Behörden überweisen - die größte Geldbuße, die eine Bank je zahlen musste. Dafür verzichten die US-Ermittler auf eine Anklage. HSBC soll Milliardengeschäfte mit der mexikanischen Drogenmafia gemacht und gegen Anti-Terror-Sanktionen gegen Iran verstoßen haben.

Allen drei Großbanken ist gemein, dass sie in London beheimatet sind. Das ist kein Zufall. Zwar sind in den vergangenen Jahren mit Credit Suisse, ING und JP Morgan auch Institute aus anderen Ländern ins Visier der amerikanischen Justiz geraten. Doch die britischen Banken spielen eine besondere Rolle. Sie sind traditionell globaler aufgestellt als die Konkurrenz und unterhalten teils seit Jahrzehnten geschäftliche Bande in Länder, die heutzutage als "Schurkenstaaten" klassifiziert sind.

"Wer seid ihr, dass ihr uns verbieten wollt, mit den Iranern zu handeln?"

Die jetzt abgestrafte HSBC   etwa hat die Dezentralisierung auf die Spitze getrieben. Die einzelnen Töchter werden wie unabhängige Fürstentümer geführt, die Zentrale hat häufig keinen genauen Durchblick, was vor Ort läuft. So konnte die mexikanische Tochter einem US-Senatsbericht zufolge zwischen 2004 und 2010 im großen Stil Geldwäsche für die Drogenkartelle betreiben.

HSBC-Chef Stuart Gulliver entschuldigte sich am Dienstag für die Fehler der Vergangenheit. Er betonte zugleich, die Bank sei inzwischen eine "fundamental andere Organisation". Der Manager führt das Institut seit zwei Jahren und präsentiert sich als Reformer.

Berührungsängste kannten die britischen Großbanken in den vergangenen Jahren offenbar nicht, so anrüchig der Geschäftspartner auch sein mochte. Nicht einmal der Anti-Terror-Krieg der US-Regierung konnte das ändern. Während amerikanische Banken die Finanzsanktionen gegen Staaten wie Libyen, Syrien, Iran und Kuba offensichtlich respektierten, umgingen die findigen City-Banker die lästigen Handelshindernisse einfach.

Die Haltung zu den Sanktionen zeigte sich in einer internen E-Mail, die die Finanzaufsicht des US-Bundesstaats New York bei den Ermittlungen gegen Standard Chartered zutage förderte. "Ihr verdammten Amerikaner", schrieb da der Chef des Risikomanagements aus der Londoner Zentrale an den Chef des Amerika-Geschäfts in New York. "Wer seid ihr, dass ihr uns, dem Rest der Welt, verbieten wollt, mit den Iranern zu handeln?"

Triviale Geldstrafen

Ähnlich scheinen die HSBC-Manager gedacht zu haben. Dem US-Senatsbericht vom Sommer zufolge hat die Bank zwischen 2001 und 2007 insgesamt 25.000 Transaktionen in Höhe von 19,4 Milliarden Dollar an iranische Banken verschleiert.

Nun bekommen HSBC und Co. die Quittung für den "Handel mit dem Feind" serviert. So heißt das entsprechende US-Gesetz, das Verstöße gegen Sanktionen ahndet. Auf den ersten Blick sind 1,9 Milliarden Dollar eine saftige Strafe für die HSBC. Dazu kommen 700 Millionen Dollar, die das Unternehmen in den kommenden fünf Jahren für eine Verbesserung der internen Kontrollen aufbringen muss.

"Die Schlampigkeiten und das Fehlverhalten während der Boomjahre" hätten ein echtes Loch in die Kapitaldecke der britischen Banken gerissen, kommentierte BBC-Wirtschaftschef Robert Peston in seinem Blog. Letztlich würde das die britischen Bankkunden treffen.

Doch kommen die City-Banker unterm Strich noch glimpflich davon. Analysten bezeichneten die Geldstrafen für HSBC und Standard Chartered als "trivial". Sie machten weniger als ein Zehntel dessen aus, was die beiden Institute seit Bekanntwerden der Vorwürfe an Marktwert gewonnen hätten, rechnete die "Financial Times" vor. Sie seien daher nicht mehr als ein "Klaps auf den Finger".

Vor einem härteren Vorgehen schreckten die US-Behörden offenbar zurück. Laut "New York Times" war ihnen das Risiko zu groß: Sie fürchteten, dass ein Prozess gegen die systemrelevante HSBC das Finanzsystem ins Wanken gebracht hätte.

Die Börsianer zeigten sich denn auch kaum beeindruckt, der HSBC-Kurs gab am Dienstag nur leicht nach. In den Augen der Anleger scheinen die Vorwürfe dem Ruf der City nicht geschadet zu haben. Anders ist kaum zu erklären, warum die HSBC-Aktie seit dem Sommer um 14 Prozent zugelegt hat - und die von Standard Chartered sogar um 20 Prozent.

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