Illegale Provisionen Telekom kämpft mit weiterer Datenpanne

Bei der Telekom wurden auch Kontoverbindungen gestohlen: Dem Konzern sind nach SPIEGEL-Informationen Daten von Hunderttausenden Kunden entwendet worden - viele landeten über dubiose Umwege in der Türkei.
Von Frank Dohmen und Klaus-Peter Kerbusk
Logo der Telekom: Beim Konzern illegal Provisionen in Millionenhöhe kassiert

Logo der Telekom: Beim Konzern illegal Provisionen in Millionenhöhe kassiert

Foto: ddp

Hamburg - Die Deutsche Telekom kämpft erneut mit einem schweren Datenproblem: Nach Informationen des SPIEGEL sind die Datensätze von Hunderttausenden Telekom-Kunden über dubiose Kanäle ins Ausland gelangt - besonders oft in die Türkei. Unter anderem wurden die Daten, die häufig auch die Bankverbindungen der Telekom-Kunden enthielten, von deutschsprachigen Mitarbeitern türkischer Callcenter dazu benutzt, den Kunden angeblich im Auftrag der Telekom neue Verträge zu verkaufen.

Im Anschluss wurden die so erzielten Aufträge über Subunternehmer offiziell bei der Telekom eingereicht. Dafür wurde Provision kassiert. Die türkischen Callcenter sind offensichtlich Teil eines organisierten Systems, das seinen Ursprung in Deutschland hat.

Nach Informationen des SPIEGEL sollen Vertriebspartner und Betreiber großer Callcenter riesige Datenmengen aus den Beständen der Deutschen Telekom entwendet und manipuliert haben. Dabei benutzten sie ständig wechselnde Passwörter, die unbemerkt aus dem Konzern herausgeschleust wurden.

Telekom geht von "kriminogenen Strukturen" aus

Mit dem dadurch möglichen Zugriff auf die Datenbanken der Telekom wurden Aufträge manipuliert und illegale Provisionen in Millionenhöhe ergattert. In Einzelfällen betrug der Schaden pro Tag und Callcenter mehr als 100.000 Euro.

Bei der Telekom geht man von "kriminogenen Strukturen" aus und erstattete im Februar Strafanzeige. Seitdem ermittelt die Bonner Staatsanwaltschaft unter dem Aktenzeichen 430JS67/09 gegen mehrere Beschuldigte wegen "Betrugs als Mitglied einer Bande". Inzwischen wurden die Wohnungen mehrerer Beschuldigter durchsucht und in einigen Fällen auch Haftbefehle erlassen.

Erst Anfang Oktober hatte das Unternehmen mitgeteilt, dass Vertriebspartner des Konzerns Kundendaten unerlaubt an Drittfirmen weitergegeben haben. Externe Partner hätten Callcenter ohne Erlaubnis des Konzerns mit Kundenwerbung beauftragt. Hierfür sei verbotenerweise Zugang zu Kundendaten gewährt worden, hieß es. Insgesamt hätten vier Vertriebspartner die Datenschutzverpflichtungen und die vereinbarten Vertriebsmethoden nicht eingehalten. Die Telekom habe deshalb Strafanzeige erstattet und die Zusammenarbeit beendet oder Abmahnungen erteilt.

Das Image der Telekom ist durch die sogenannte Spitzelaffäre angekratzt, bei der es zu missbräuchlicher Nutzung von Verbindungsdaten gekommen ist. Hinzu kamen weitere Fälle von Datenmissbrauch, in denen die Staatsanwaltschaften ermitteln. So räumte der Konzern vor einem Jahr ein, dass persönliche Daten von Millionen T-Mobile-Kunden in fremde Hände gelangt sind.

Im vergangenen Jahr richtete die Telekom ein eigenes Vorstandsressort ein, um den Datenschutz zu verbessern. Im Internet informiert der Konzern zudem in Abstimmung mit den Behörden über kritische Datenschutzvorgänge.

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