"Trügerische Zahl" Industrie sammelt Großaufträge - Unternehmen bauen dennoch Stellen ab

Roboter in einem VW-Werk: Kaum Bestellungen für die Industrie im Inland
Foto: Jörg Sarbach/ dpaDie Industrieunternehmen in Deutschland haben im Juni das höchste Auftragsplus seit fast zwei Jahren erreicht. Die Bestellungen legten im Vergleich zum Mai um 2,5 Prozent zu, teilte das Statistische Bundesamt mit. Allerdings war der Zuwachs Folge eines starken Anstiegs von Großaufträgen um 8,6 Prozent. Ohne diese Komponente gingen die Aufträge zum Vormonat um 0,4 Prozent zurück.
Entsprechend skeptisch sind Experten, was die kommenden Monate betrifft. "Das ist eine absolut trügerische Zahl", sagte Stefan Kipar von der BayernLB über das Auftragsplus. "Eine Rezession kann wohl weiterhin nur durch eine recht ordentliche Binnennachfrage vermieden werden."
Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) äußerte sich verhalten. Das Auftragsplus im Juni gebe den Firmen "nur wenig Hoffnung auf eine versöhnliche zweite Jahreshälfte", sagte DIHK-Außenwirtschaftsexpertin Melanie Vogelbach. "Die Vorzeichen bleiben negativ." Denn die Handelskonflikte belasteten die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft.
Die Auslandsaufträge legten im Juni kräftig um fünf Prozent zu, dabei stiegen die Bestellungen aus Ländern außerhalb der Eurozone dank vieler Großaufträge deutlich um 8,6 Prozent. Das Inlandsgeschäft hingegen sank um ein Prozent. "Die rückläufigen Bestellungen aus dem Inland bestätigen einmal mehr, dass sich die deutsche Wirtschaft bereits inmitten einer Rezession befindet", sagte Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. Arbeitnehmer der Autobranche oder aus der Metall- und Elektroindustrie spürten dies bereits. "Überstundenabbau ist in so manchem Betrieb derzeit angesagt."
Bosch und Kuka bauen Stellen ab
Bosch-Chef Volkmar Denner bestätigte die Pläne, dass die sinkende Nachfrage nach Dieselfahrzeugen beim weltweit größten Autozulieferer zu einem spürbaren Stellenabbau führen wird. Der Automarkt entwickle sich "deutlich schwächer, als wir alle noch vor einem Jahr gedacht haben", sagte Denner der "Süddeutschen Zeitung". Es handle sich nicht um eine kurzfristige Delle, die schnell wieder aufgeholt werden könne. "Natürlich müssen wir auf die zurückgehende Nachfrage reagieren."
Der Umfang des Stellenabbaus stehe noch nicht fest. "Wir tun aber alles, um das sozialverträglich umzusetzen", sagte der Bosch-Geschäftsführer der Zeitung. Dies könne über Zeitkonten, Abfindungsprogramme, Vorruhestandsregelungen oder die Reduzierung der Zahl der temporär Beschäftigten geschehen.
Bei Bosch hängen nach Firmenangaben weltweit etwa 50.000 der 410.000 Arbeitsplätze vom Diesel ab. In Deutschland sind es gut 15.000. Im vergangenen Jahr hatte Bosch 600 Stellen in dem Bereich abgebaut, indem befristete Verträge nicht verlängert oder Mitarbeiter zum Beispiel in Altersteilzeit geschickt wurden.
Der Roboterhersteller Kuka indes bekommt die Verunsicherung infolge des Handelskriegs zwischen den USA und China deutlich zu spüren. Im zweiten Quartal halbierte sich der Gewinn im Vergleich zum Vorjahresquartal auf gut 20 Millionen Euro, wie das Unternehmen mitteilte. Von März bis Juni gingen die Auftragseingänge um fast fünf Prozent auf 914 Millionen Euro zurück. Besonders stark war der Rückgang in China, wo die Aufträge um die Hälfte einbrachen.
Kuka hat zu Jahresbeginn ein Sparprogramm gestartet. Dazu zählt ein Personalabbau von 350 Mitarbeitern am Standort Augsburg. Kuka gehört mehrheitlich dem chinesischen Midea-Konzern.